Jean-Philippe Rameau: „Dardanus“, Tragédie lyrique

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Freiburg, 07/03/2004

Und wieder so ein halbherziger Rameau auf choreografisch-tänzerischer Sparflamme: „Dardanus“, Jahrgang 1739, Tragédie lyrique in cinq actes et un prologue – eine große Ballettoper mit zahlreichen Einzeltänzen und ausladenden Divertissements. Sie sind dankenswerterweise in Freiburg kaum gekürzt worden – herrliche Musik, außerordentlich abwechslungsreich, von ganz unterschiedlichem Charakter, die einen kaum stillsitzen lässt. Welch eine Herausforderung für einen Choreografen und eine leistungsstarke Kompanie.

Deren rühmt sich auch Freiburg mit seiner Pretty Ugly Truppe von Amanda Miller, die derzeit ihre letzte Spielzeit in Freiburg bestreitet. Nun assoziiert man „Pretty Ugly“ (also: schön hässlich) sicher zuallerletzt mit einer Ballettoper von Rameau. Eher das Gegenteil: schön, würdevoll, harmonisch. Doch „Pretty Ugly“ ist natürlich viel zu stolz und erhaben für eine Mitwirkung an einer Opernproduktion – auch wenn man sich wahrlich an Überbeschäftigung im Rahmen des Freiburger Spielplans nicht beklagen kann (ganze zwei Vorstellungen im März). Also müssen Externe herbei.

Bewegungschor des Theater Freiburg nennt sich die Gruppe von Statisten, angeleitet von Regisseur Thomas Krupa und Choreografin Teresa Rotemberg. Was die nun allerdings zu tun haben, ist lachhaft – ein bisschen Beineschwenken, eine Flic-Flac-Nummer, ziemlich viel Fischetragen (der hübscheste Einfall der ganzen Inszenierung), viel Herumgekarre von Sesseln, ein bisschen indonesisches Schattenspiel. Auch ein richtiger Tänzer ist dabei, Nicola Blassutti als Dardanus-Double, der darf posieren, sich spreizen, pirouettieren, ein paar Sprünge absolvieren, eine gelegentliche Manege tournieren, und das macht er, klassisch fundiert, ganz ordentlich. Der Rest ist reinster Dilettantismus.

Als Erfinder des „Bewegungschors“ (na ja, nach den Griechen) dürfte sich Laban im Grabe herumdrehen. Ich kann mir durchaus eine moderne Choreografie zu dieser so durch und durch barocken Musik vorstellen, womöglich garniert mit ein paar historischen Sahnehäubchen. Aber diese Hampelei. Jetzt sind wir gespannt auf Zürichs in ein paar Wochen fällige „Les Boréades“ von Rameau, die es zuletzt in einer Pariser Produktion gab, choreografisch in den Sand gesetzt von Edouard Lock, dem Chef der La La La Human Steps. Immerhin hat Spoerli mit „Les Indes galantes“ bewiesen, wie man Rameau auf heutige Weise durchaus interessant, amüsant und tänzerisch lohnend auf die Bühne bringen kann. Nicht so in Freiburg. Da heißt es: Augen zu und durch! Entschließt man sich hingegen zu: Ohren auf und genießen, kann man in Freiburg durchaus auf seine Kosten kommen.

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