Amanda Millers Finale mit „Imitation“

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Freiburg, 08/04/2004

Sieben Spielzeiten währte die nun zur Scheidung kommende Ehe zwischen Amanda Miller und ihrer Pretty Ugly Dance Company mit dem Theater Freiburg. Eine Liebesheirat war's wohl von Anfang an nicht – eher der Versuch einer neuartigen Partnerschaft; mit garantiertem Etat, Verpflichtung zu einer bestimmten Vorstellungszahl, dem Angebot einer Nutzung der Infrastruktur eines Stadttheaterbetriebs und einer großzügigen Lizenz zum Fremdgehen. So wie auch anderorts mit unterschiedlicher Zielrichtung und Organisationsform praktiziert. Wirklich funktioniert hat es weder in Bochum noch in Köln oder Luzern.

Auch in Freiburg blickt man wohl eher mit gemischten Gefühlen auf die vergangenen sieben Jahre zurück. Es gab stürmisch bejubelte Premieren, erfreulich positive Kritiken und überwiegend halbleere Häuser. Eine Identifikation zwischen der Stadt und ihrer Ballettkompanie entwickelte sich nicht – nicht jedenfalls wie früher zu Zeiten von Krisztina Horvath und Pavel Mikulastik (erinnert sich noch jemand an sie?). Amanda Miller und ihre Pretty Uglies waren so etwas wie residente Gäste der Stadt, immer auf der Durchreise begriffen. Haben sie der Stadt internationales Tanzrenommee eingebracht? Wohl kaum! Gern wüsste ich, wie viele Vorstellungen die Kompanie in diesen sieben Jahren in Freiburg gegeben hat, und wie denn die Platzausnutzung während des gesamten Zeitraums war. Aber das werden wir wohl nie erfahren.

Und nun zum Schluss also „Imitation“, anderthalb Stunden mit Pause. Das Haus in der Gründonnerstagsvorstellung (Premiere war am 13. März) gut gefüllt, am Schluss freundlicher Beifall, vom jugendlichen Publikum mit dem inzwischen zur Routine gewordenen Gekreische und Gejohle angeheizt. Im Programmheft die Biografien aller Beteiligten – zum Stück selbst zwei enigmatische Sätze – einer Deutsch, einer Englisch – nebst der englischen Einladung, eine E-Mail über die individuelle Reaktion an mandu@pudc.org (Amanda) zu senden. Die Credits wie gehabt: Choreografie/Kostüme: Amanda Miller – Musik: Fred Frith – Hüte und Masken von Nicole Rauscher – Licht/Dramaturgie: Amanda Miller/Seth Trillet – fünf Tänzerinnen, drei Tänzer.

Ich habe nichts verstanden – auch nach gründlichem Studium der FAZ-Gebrauchsanweisung nicht – und am allerwenigsten vom sostenuto geflüsterten, wohl englischen Text. Nicht den Titel, nicht den Bezug zu Kleists Essay über das Marionettentheater, nicht die Instruktion zum japanischen Noh-Theater. Gehört habe ich Wisper-Klänge. Gesehen habe ich das ganze Stück über aus dem Schnürboden rieselnde, rote Papierschnipsel, einen Kirschblütenzweig, ein marionettenartiges Skelett, vier Ballerinen in Weiß, die Herren ganz in Schwarz, mit riesigen Tierköpfen (wie aus „Die Schöne und das Biest“), ein Zelt, einen Thron mit langer Schleppe und seltsame Fahrgestelle mit Hauben wie für einen Motorskooter, die eifrig herumgekarrt wurden.

Viel Getanze auch, sogar auf Spitze. Aber alles beziehungslos nebeneinander her wuselnd. Das nahm sich in der sehr differenzierten Beleuchtung teilweise poetisch aus – wie Traumbilder, die an einem vorbeidrifteten – Luftgespinste einer überbordenden Fantasie – hermetische Imaginationen einer zarten Frauenseele. Vor denen saß ich, herumrätselnd, weniger staunend, eher frustriert über meinen offenbar zu geringen Intelligenzquotienten, um die narzisstischen Herzensergießungen Amanda Millers und ihrer Seilschaft zu durchdringen. Und mich immer wieder dabei ertappend, wie ich nachrechnete, dass mich dieses anderthalbstündige Warten auf das Nichts rund 150 Euro gekostet hat, ohne auch nur einen Cent Honorar einzubringen. Allzu teuer, finde ich!

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