Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker

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Stuttgart, 01/01/2003

Eine Offenbarung waren sie ja auch in der Vergangenheit nicht, die Ballettbeiträge zum traditionellen Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, obgleich immer wieder die renommiertesten Choreografen dazu eingeladen waren. Aber so dürftig wie in diesem Jahr war das Angebot schon lange nicht mehr. Ganze zwei tänzerische Piecen während der Zweieinhalb-Stunden-Sendung! Und so mussten wir weit über eine Stunde warten, bis Renato Zanella seine fünf Staatsoperntänzer zur „Hellenen-Polka“ vor einem Dorischen Tempel antreten lassen durfte, in Kostümen, zumindest die beiden Damen, die wohl noch aus dem „Frühlingsstimmen“-Walzer stammten. Eine hübsche frühlingshafte Bagatelle, ein bisschen Geflirte, fesch und resch, wie man‘s in Wien zu diesen Klängen und in diesem Ambiente eben liebt: Ballett-Nippes von der Kärntnerstraße.

Umso mehr hatte man sich von der offenbar erstmaligen Mitwirkung einer nicht österreichischen Kompanie erhofft: der hier immer noch als Kirow-Ballett fungierenden Truppe aus St. Petersburg, das ja in diesem Jahr seinen 300.Geburtstag feiert, gefilmt im Schloss Eggenberg, hoch über den Mauern von Graz, der diesjährigen Kulturhauptstadt, also gewissermaßen als Zirkelschluss zwischen Wien, Graz und St. Petersburg.

Wenn man an die zahlreichen sommerlichen Abstecher von Johann Strauss in Pawlowsk bei St. Petersburg dachte, fielen einem die lustigsten Anekdoten dazu ein. Nicht so den Skript-Autoren, die zum Krönungslieder-Walzer von Johann Strauss einen Aristokraten in einer Kutsche auf Schloss Eggenberg zurollen ließen, wo sich eine biedermeierliche Gesellschaft zu einem Ball versammelt, der er, beziehungsweise deren Damen er seine Aufwartung macht, mit ein paar konsternierten Episoden, so wenn er sich mit einer von ihnen auf dem Boden verlustiert, pikiert observiert von einer blasierten Familie.

Choreografiert hat das Boris Eifman, in der Ansage als Russlands heute berühmtester Choreograf annonciert (was ja vielleicht sogar stimmen mag). Etwas anderes als das übliche Walzer-Getändel, wie wir es auch von seinen Kollegen Zanella, Neumeier, Ulrich und Spoerli mitsamt der Dame Gerlinde Dill in Erinnerung haben, fiel ihm dazu freilich nicht ein. Schade, denn ein bisschen Frischluft vom Finnischen Meerbusen hätte dem inzwischen doch reichlich faden und abgestandenen Donau-Muff zweifellos gut getan.

Im Internet habe ich dann vergeblich nach den Namen der beteiligten Tänzer gefahndet, von denen ich nur Daria Pavlenko (die Baden-Badener Nikija) erkannt zu haben glaube, die anderen aber unmöglich bei der Schnelligkeit des Abspanns mitschreiben konnte.

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