„The Circus of Life A -Z“

„The Circus of Life A -Z“

Enzyklopädische Wirklichkeitsbefragung

„The amazing toxic dreams and their cast of sad clowns present: The Circus of Life A - Z" am Tanzquartier Wien

Toxic Dreams zeigen eine mehrtägige, ironische Weltausstellung in allen drei Studios des Tanzquartiers.

Wien, 29/06/2015

Zum Saisonabschluss im Tanzquartier Wien präsentierten Toxic Dreams am 26. und 27. Juni „The Circus of Life A to Z“. Laut Programmheft muss es heißen: „The amazing toxic dreams and their cast of sad clowns present: The Circus of Life A – Z“. Und das war wirklich ein amazing cast. Sieben in vier Sprachen Performende plus fünf Musikmachende plus viele Gäste haben zwei Tage lang alle drei Studios des Tanzquartiers bespielt. Eben ‚bespielt‘ – ‚Theater gemacht‘ wäre eine unterkomplexe Draufsicht auf das megalomane Unternehmen. Schon im Foyer wurden die Besuchenden von vielen bunten Fähnlein begrüßt: die Weltausstellung ist eröffnet. Dort in diesem Foyer gab es gratis bereitgestelltes, super leckeres Essen und außerdem einen Lageplan. Beides sehr wichtig für das Unterfangen. „The Circus of Life A to Z“ fing am Freitag um 19 Uhr an, ging dann bis halb zwei Uhr nachts. Dann wieder weiter am Samstag, nochmals in demselben Umfang.

Eben eine Weltausstellung, aber nicht eine Weltausstellung der zukunftsweisenden Technologien, sondern eine Weltausstellung der gegenwärtigen und auch ein wenig vergangenen Diskurse. Vielleicht sogar das ABC des kollektiven Unbewussten, naja, oder doch Bewussten, jedenfalls das ABC der uns, jetzt, hier tangierenden Diskurse. 26 Pavillons von A bis Z werden in halbstündigen Performances bespielt. Die Formate gehen dabei von Theater, Tanz, Gesang über Video, Gameshow, Kochen bis hin zu Musik, Vortrag und Gespräch. Und die Themen gehen von A wie Abramović im Featured Artist Pavilion über O wie OMG im God Pavilion bis hin zu Z wie Žižek im Philosoph Pavilion. Insofern ist Weltausstellung genauso umfassen zu verstehen wie das Wort im ersten Draufblick klingt. Nichts weniger als alles wurde da verhandelt.

Wurde aber in kleinen Dosierungen verhandelt. Halbstündige Variationen gewisser Themen und Ideen. Dann wieder weiter. Und wer rauchen will, der muss was auslassen. Was aber möglich ist, das Publikum kann kommen und gehen, ist immer willkommen. Ist auch immer wieder eingeladen teilzunehmen, etwa bei Q wie Quiz im Quoice Pavilion wo es darum geht die meistgegebenen Antworten auf Fragen zu erraten. Oder bei U wie Undercooked im Food Pavilion wo ein Buffet bereitsteht, das Publikum sich selber vietnamesische Frühlingsrollen machen kann. Trotz der Dimensionen des Projektes (ein dreifaches Wow an die Logistik) ist die Veranstaltung kein vor-den-Latz-knallen, sondern hat immer das Publikum im Blick. Bier und Wein werden verteilt, erschütternde Angelegenheiten wie Witness im War Pavilion wechseln sich ab mit endlos lustigen Clips bei Y wie Youtube im People´s Art Pavilion.

Wenn ein Pavilion zu Ende bespielt ist, geht das Publikum gemeinsam mit den Performenden weiter zum nächsten. Dort wurde der Raum schon umgebaut (ein dreifaches Wow an das Bühnenbild) und weiter geht es mit neuen Ideen und neuen Zusammenhängen. Die jeweiligen Formate sind in sich abgeschlossen, mal mehr, mal weniger überzeugend, im ganzen aber offeriert der Abend einen riesengroßen und super großzügigen Überschwang an Theater im weitesten Sinne. Manchmal selbstreflexiv, etwa wenn bei T wie Tarantino im Feature Director Pavilion eine Szene aus „Reservoir Dogs“ wie in einer Schauspielklasse nachgespielt wird, manchmal super überzeichnet wie etwa bei F wie Feldman im Serious Music Pavilion. Da sitzt einer auf einem sich drehenden Podest und spricht und spricht und sagt dabei nichts, reproduziert bloß das Blabla der seriösen Kunstschaffenden. Dazu gibt es einen Gelächterchor, der dem Meister akustisch zumindest zu Füßen liegt während die ganze Situation unterspült wird von crazy Jazzschlagzeug. Wenn das nicht die totale Aushöhlung von Kunst, also eigentlich von Veranstaltungen wo sich die Kunst selber feiert, gewesen ist.

Deswegen ist Weltausstellung natürlich auch ironisch gemeint, wie ginge denn das, eine Welt auszustellen, das hat ja immer eine Richtung und einen Sponsor. Die Idee als solche wird hier überzogen und überzeichnet. Dabei endet das alles aber nicht im Zynismus, nein, sondern in einem großzügigen Theaterereignis.

Von Theresa Luise Gindlstrasser

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