Das verlorene Paradies

Die verstörende und gute Performance „Blessed“ von Meg Stuart

Hamburg, 21/08/2008

Alles ist gut: Ein glücklicher Mann bewegt sich im paradiesischen Ambiente. Doch Glück gibt’s immer nur kurz. In Meg Stuarts Tanzstück „Blessed“ endet es, sobald der Regen einsetzt. Denn das Paradies ist aus Pappe. Und beim näheren Hinsehen ohnehin in langweiligem Mittelbraun gehalten: Die Palme, der Schwan, die Hütte (Bühnenbild Doris Dziersk). Unter dem Dauerregen gibt das Hüttendach nach, der Schwanenhals knickt ein und die Palme bricht in der Mitte durch. Verzweifelt versucht der Glücksucher, aus dem durchweichten, unbrauchbaren Material einen schützenden Unterschlupf zu basteln, doch die Nässe vernichtet jede Konstruktion – und wir wussten es längst: Das Paradies ist verloren. Da helfen weder religiöse Rituale noch der eigene Gesang gegen die Angst. Und das Letzte, was der verzweifelte Mann braucht, ist das hilflos hoppelnde Showgirl, das ihm plötzlich erscheint. Die Zuschauer reagierten auf die verstörende Tanzperformance wie auf unangenehme Nachrichten: Einige gingen, andere schauten gezielt weg, die meisten blieben und kämpften erfolglos gegen das schlechte Gewissen angesichts der Klimakatastrophe an, das bei einer Flucht aus dem Theater ohnehin nur größer geworden wäre. Verdammt gut inszeniert und unendlich trostlos. Nichts ist gut.

Link: www.kampnagel.de

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