origen tanzfestival 2024, „Cult“ von Ilia Jivoy

Vertanzter Märchensommer

Origens Tanzfestival in historischen Gemäuern

Die Kulturstiftung Nova Fundaziun Origen feiert dieses Jahr sein zwanzigjähriges Bestehen. Im Jahr 2005 wurde das Theater in der Burg Riom eingeweiht. In deren historischen Gemäuern und in der 2015 eröffneten Clavadeira findet dieses Jahr bereits zum zwölften Mal Origens Tanzfestival statt.

Burg Riom, 07/06/2025

Am Anfang stand ein kurzfristig arrangierter Ballettabend in der Burg Riom. Tanzende aus Wien und Amsterdam brachten damals neue Choreographien auf die Bühne, die speziell für Riom geschaffen wurden. Der Grundstein war gelegt. Damals fingen wir Feuer für die wohl poetischste aller Bühnengattungen. Seitdem ist viel geschehen. Wir dürfen im Sommer acht abendfüllende Tanz-Uraufführungen auf die Bühne bringen. Der Spielplan repräsentiert die Vielfalt des europäischen Tanzes.

Das diesjährige Programm steht ganz im Zeichen des zwanzigjährigen Jubiläums von Origen. Getreu dem Namen knüpft das diesjährige Thema an die Wurzeln unserer Kultur an und wagt neue Interpretationen alter Mythen, die unsere Geschichte prägen.

Die rätoromanischen Märchen
Die Rätoromanen lieben ihre Märchen. Die kargen, dichten Geschichten sind tief verankert in der Erzählkultur der Dörfer. Lange bevor Fernsehautomaten und Sozialkanäle die globale Dauerberieselung einläuteten, oblag die abendliche Unterhaltung den erprobten Märchen erzählern. Austragungsort war die geheizte Bauernstube. Man sass im dichten Kreis und brachte sich das Staunen, Schmunzeln, manchmal auch das Fürchten bei. Die Gruselge schichten gehörten zum festen Repertoire des guten Märchenerzählers.

Die Sursetter Tradition
Im Val Surses war Barba Plasch Calger, der erzählende Schuhmacher, eine legendäre Erzählfigur. Seine eigenwillige Art zu berichten, die knappe Erzählweise, die derben Sprüche, die komischen Zusätze, der launische Schluss charakterisieren einen singulären Erzählstil, der nichts zu tun hat mit den literarischen Überarbeitungen der Gebrüder Grimm – auch wenn sich die Motive weltweit ähneln.

Erbgut der Menschheit
Märchen gehören zur DNA der Menschen. Sie wissen von Sehnsucht, von bösen Schick salen, von geheimnisvoller Zauberkraft. Sie kleiden Existentielles in kraftvolle Bilder, die zunächst realitätsfern erscheinen, wie einer grossen Phantasterei entsprungen – dafür aber die Seele ins Mark treffen. Märchen waren nie nur Nahrung für kindliche Gemüter, sondern immer schon schöne Codes für Unbewusstes, Unterbewusstes, zutiefst Menschliches.

Interpretation für Zeitgenossen
Keine andere Bühengattung hat sich so intensiv mit dem Märchen auseinandergesetzt wie der Tanz. Die grossen Klassiker von Giselle bis Dornröschen beruhen auf Märchenstoffen. Die archaische Bedeutung des Märchens passt zur elementaren Ausdrucksform des Bewegungstheaters. Alles spricht unbewusst zum Zuschauer. Umso wichtiger ist es, die alten Geschichten immer neu zu erzählen. Sie sind lebendiges Erbe, das individueller, charakter voller Interpretation bedarf. Wir sind gespannt.

origens tanzfestival - programmübersicht

Mehr Infos unter https://www.origen.ch/theater

choreographengespräch
Riom tanzt wieder! Von Mitte Juli bis Mitte August gelangen acht neue Choreographien auf die Bühne. Origen trägt damit wesentlich zum zeitgenössischen Tanzschaffen bei. Giovanni Netzer stellt an den Aufführungstagen die beiden Choreographierenden des Tages vor und führt mit ihnen Gespräche über Inspiration, Stil, Arbeits weisen – und schafft so für Laien und Kenner einen spannenden Zugang zur Kunstform Tanz.
Riom | Clavadeira
17 Juli – 10 August | Aufführungstage | 15.30 Uhr

legenda nova
Kristian Lever untersucht Märchen im Spannungs feld zwischen Tradition und Popkultur. Ein zeit genössisches Bewegungsvokabular demonstiert, wie Liebe, Verlust, Macht und Verwandlung auch im digitalen Zeitalter nachhallen und sich zu neuen Märchen verweben.
Riom | Burg Riom
17 | 18 | 19 | 20 Juli | 17 Uhr

vandalismo
LucaAndrea Tessarini erschafft einen Rückzugs ort im Chaos, einen Raum im Raum, geboren aus Trümmern, fern vom Schmerz der Welt. Ein
flüchtiger Ort der Hoffnung, wo Zerstörung zur Verwandlung wird. Und wie einst Ikarus steht er vor der Frage: Wie viel Licht verträgt die Sehnsucht, bevor sie verbrennt?
Riom | Clavadeira
17 | 18 | 19 | 20 Juli | 21 Uhr

three sisters
Ilia Jivoy beschäftigt sich mit der rätoromanischen Legende, wonach drei Schwestern ein grausames Schicksal erleiden, nachdem sie durch einen Pakt mit dem Teufel ihre Liebhaber verraten haben. Er verbindet den dunklen Mythos mit subtilem Humor und eleganter Dramatik.
Riom | Burg Riom
24 | 25 | 26 | 27 Juli | 17 Uhr

fiction
Nicola Wills versammelt Rotkäppchen, Hänsel und Gretel, den Rattenfänger sowie Hans und die Bohnenranke in einer Zwischenwelt. In traumwandlerischen Begegnungen erkunden die Figuren Vertrauen, Verrat und fanatischen Wahnsinn.
Riom | Clavadeira
24 | 25 | 26 | 27 Juli | 21 Uhr

lost voices
Juliano Nunes verschafft den vergessenen Figuren alter Erzählungen Gehör. Ausgehend von einem neu erdachten Märchen erforscht er die tradierten Mythen, schafft neue Interpretationen und sucht nach der grossen, versteckten Wahrheit, die den Mythos durchzieht.
Riom | Burg Riom
30 | 31 Juli | 2 | 3 August | 17 Uhr

a house without walls
Lucas Valente erforscht die verborgene Architektur archetypischer Märchen. Inspiriert durch die strukturelle Analyse, stellt das Werk eine
philosophische Reise dar, die den universellen menschlichen Zyklus von Verlust, Konfrontation und Selbstentdeckung widerspiegelt.
Riom | Clavadeira
30 | 31 Juli | 2 | 3 August | 21 Uhr

serum
Andrey Kaydanovskiy beschäftigt sich mit den kreisenden Gedanken Schneewittchens im gläsernen Sarg. Der innere Monolog wird zur Partitur für die körperliche Entladung emotionaler Intensität – abstrakt, eindringlich, hypnotisch.
Riom | Burg Riom
7 | 8 | 9 | 10 August | 17 Uhr

ad astra
Sébastien Bertaud widmet sich der japanischen Legende der «Mondprinzessin» (Kaguyahime). Er erforscht die flüchtige Schönheit des irdischen Lebens, die im Kontrast zur Ewigkeit des Universums steht und huldigt dabei dem Vergänglichen sowie der Suche nach Bedeutung.
Riom | Clavadeira
7 | 8 | 9 | 10 August | 21 Uhr

informationen
Rückfahrt: Im Anschluss an die Abendaufführungen in der Clavadeira verkehren auf Anmeldung Sonderfahrten nach Cunter / Savognin / Bivio sowie nach Salouf / Mon / Tiefencastel mit Anschluss nach Lenzerheide / Chur. Die Rückfahrt bis Tiefencastel und Bivio ist im Preis inbegriffen.
Eintrittspreise: CHF 70 / CHF 30 *
* Personen in Ausbildung bis 30 Jahre
Reservation: https://www.origen.ch/theater
+41 81 637 16 81 | info@origen.ch

 

Mehr Infos unter https://www.origen.ch/theater

Kommentare

Noch keine Beiträge