Benjamin Britten/Kenneth MacMillan

The Prince of the Pagodas

München, 24/08/2005

„Der Pagodenprinz“ ist in vielerlei Hinsicht ein besonderes Ballett, auch wenn sich seine äußere Struktur – drei Akte, verspielte Variationen und ein ausgiebiges Hochzeitsdivertissement als Finale – an den großen Klassikern Marius Petipas zu orientieren scheint. 1957 von John Cranko für das Royal Ballett urchoreographiert, hat es die einzige originale Ballettkomposition Benjamin Brittens zur Grundlage: ein Meisterwerk an raffinierter Orchestrierung und melodischer Feinsinnigkeit, die vor allem in ihren exotischen Anklängen ausgezeichnet zum Tanzmärchen passen. Außerdem war „The Prince of the Pagodas“ das erste abendfüllende Repertoirestück, das je ausschließlich von britischen Künstlern geschaffen worden ist. Die Tatsache, dass ihm auf lange Sicht kein Dauererfolg beschieden war, mag an dem etwas mageren Libretto (nach „Le Serpentin Vert“, franz. Roman von Mme d‘Aulnoy, 2. Hälfte 17. Jhd.) liegen, das wenig Dramatik und etliche Wiederholungen in den Hofakten I. und III. fordert. Als MacMillan sich drei Dezennien nach seinem Landsmann an eine Neufassung macht, steht er am Ende einer glanzvollen Karriere; er stirbt 1992 nur drei Jahre nach der Premiere. Und doch ist es nach Alessandra Ferri (die wir in „Romeo & Juliet“ bewundern können) eine neue Muse, die ihn zu Höchstleistungen inspiriert: Darcey Bussell, die er 1984 im Alter von 19 Jahren für sich und die Ballettwelt entdeckt. Sie ist die Inkarnation der guten, bescheidenen Prinzessin Rose, die mittels ihrer Liebe den in einen Salamander verzauberten Prinzen (brilliant: J. Cope) retten und dann mit seiner Hilfe dem Vater gegen die böse Schwester Epine zur Hilfe kommen kann. Ende gut, alles gut – und dazwischen prunkvoll von Nicholas Georgiadis in Szene gesetzte Längen voll origineller Variationen und Gruppenformationen. Das Tüpfelchen auf dem i dieser neuerschienenen DVD aber ist die Dokumentation „Out of Line“, die – angefüllt mit Archivaufnahmen und diversen Interviewpassagen (MacMillan, Ashton, Ninette de Vallois, Lynn Seymour u.a.) anlässlich des 60. Geburtstags des Choreografen entstanden ist.

 

Benjamin Britten: The Prince of the Pagodas. Choreografie: Kenneth MacMillan. The Royal Ballet, Covent Garden (1990). In den Titelrollen: Darcey Bussell, Fiona Chadwick, Jonathan Cope, Simon Rice und Ballettdirektor Anthony Dowell in der Rolle des alten Königs. Warner Music 9031-73826-2.

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