Zur Berufung Birgit Keils als Ballettdirektorin in Karlsruhe

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Stuttgart, 22/10/2002

Die gestern erfolgte Bestätigung der Berufung Birgit Keils als Ballettdirektorin des Badischen Staatstheaters Karlsruhe zur Spielzeit 2003/04 mit einem Dreijahres-Vertrag (und einer Option für zwei weitere Jahre) ist heute sowohl in den Badischen Neuesten Nachrichten wie in den Stuttgarter Nachrichten ausführlich kommentiert und sehr positiv bewertet worden.

Zunächst wird es ein Vortanzen der derzeit engagierten Tänzer geben, die zwar sämtlich zur nächsten Spielzeit gekündigt worden sind, aber ausnahmslos die Chance erhalten, weiter engagiert zu werden. O-Ton Keil: „Charakter und Persönlichkeit zählen, wenn alles stimmt, sehe ich kein Problem.“ Das unbedingte Bekenntnis des Generalintendanten zur Klassik ist auch ihr ein primäres Anliegen: „Ich kann überhaupt nicht verstehen, wieso die Klassik als Schreckgespenst der Innovation und Kreativität gesehen wird ... Je stärker die klassische Grundlage ist, je mehr Möglichkeiten bestehen, den Anforderungen der unterschiedlichen Choreografen gerecht zu werden.“

Und weiter: „Ohne die Linie, die im klassischen Tanz das A und O ist, ist auch kein besonderes Niveau in modernen Choreografien zu erreichen. Nachdem ich mit Tetley, Kylián, van Manen und anderen zeitgenössischen Choreografen zusammengearbeitet hatte, tanzte ich ‚Schwanensee‘ anders. Die gegenseitige Befruchtung von Klassik und Moderne betrachte ich als eine Bereicherung.“ Über ihre Pläne, wen sie, die bekanntlich nicht selbst choreografiert und auch keine Ambitionen in dieser Richtung hat, als Choreografen nach Karlsruhe verpflichten will, hüllt sich Keil derzeit noch in Schweigen. Eine erste, kleinere Produktion soll es bereits im nächsten Oktober geben, für Januar 2004 ist dann ihr Einstand im Großen Haus geplant.

Interessant bei dieser beidseitigen Betonung der klassisch-akademischen Ausrichtung des künftigen Karlsruher Opernballetts ist eine Bemerkung in den Badischen Neuesten Nachrichten, in der von Keil als „Weggefährtin aus gemeinsamen Stuttgarter Tagen“ die Rede ist. Sie bezieht sich darauf, dass Thorwald als Sohn des Stuttgarter Staatskapellmeisters Josef Dünnwald geboren wurde und seine Jugend im Umkreis des Stuttgarter Staatstheaters verbracht hat, wobei seine ästhetische Erziehung in Sachen Ballett wesentlich durch Beriosov und Cranko geprägt wurde.

Nachdem so viele Choreografen aus der Schule des Stuttgarter Balletts hervorgegangen sind, wird man gespannt darauf sein, wie sich denn eine inzwischen achtundfünfzigjährige ehemalig Star-Ballerina des Stuttgarter Balletts und inzwischen international renommierte Ballettpädagogin als Ballettchefin ausnehmen wird und welch ein ästhetisches Programm ihr vorschwebt. Immerhin wird sie sich am Beispiel so eminenter ehemaliger Kollegen wie John Neumeier, Jiří Kylián und William Forsythe messen lassen müssen – nicht zu vergessen schließlich ihre langjährige Stuttgarter Ballerinen-Chefin Marcia Haydée.

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