Wohin steuert Karlsruhe?

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Karlsruhe, 17/10/2002

Eine Woche nach Bekanntwerden des Plans von Generalintendant Achim Thorwald, dem gesamten Ballett des Badischen Staatstheaters zu kündigen und eine neue klassische Kompanie zu etablieren, ist die Nachricht endlich auch bis zu den in Karlsruhe erscheinenden Badischen Neuesten Nachrichten durchgesickert, nachdem zuerst im tanznetz, dann auch in der Süddeutschen Zeitung und Anfang der Woche in den Stuttgarter Nachrichten über den Fall berichtet worden ist.

Inzwischen verdichten sich die Gerüchte, dass Birgit Keil, Direktorin der Akademie des Tanzes in Mannheim und bereits für die laufende Spielzeit dem Badischen Staatstheater durch einen Kooperationsvertrag verbunden, die Leitung der neuen Kompanie übernehmen soll. Die offizielle Bestätigung wird dann für den 21. Oktober erwartet, nach der Sitzung des Verwaltungsrats des Staatstheaters, welcher der Berufung zustimmen muss.

Die Stuttgarter Nachrichten haben in diesem Zusammenhang erfahren, dass der laufende Kooperationsvertrag vorsieht, dass die 32 Karlsruher Tänzerpositionen durch sieben Stipendiaten der Akademie ergänzt werden sollen. „Für zehn Monate sollen sie die Realität des Theateralltags hautnah erleben können. Eine achte Stipendienstelle finanziert die Tanzstiftung von Birgit Keil, so dass der neue Karlsruher Ballettchef im Bedarfsfall auf 40 Tänzer zurückgreifen kann.“ Weiter heißt es „dass er mit 32 Tänzerpositionen keinen ‚Schwanensee‘ bekommt, ist Thorwald klar. Doch andere Klassiker müssen für ihn mit einem Ensemble dieser Größe an einem Staatstheater drin sein. ‚Wenn man‘s klug anstellt, dann geht das‘.“ Da Birgit Keil nicht selbst choreografiert, wird sie auf Gastchoreografen angewiesen sein, zu denen sie durch ihre diversen Stiftungsveranstaltungen beste Beziehungen unterhält.

Die Frage ist allerdings, wie denn dieses künftige Karlsruher Opernballett aussehen soll. Soll es eine Art Mini-Ausgabe des Stuttgarter Balletts werden, oder soll es sich dezidiert dagegen abgrenzen, eventuell sogar ein ausgesprochenes Alternativprogramm zum Stuttgarter Repertoire entwickeln? Eine andere Möglichkeit, auf die bisher aber offenbar noch niemand gekommen ist, wäre die Überlegung, ob es nicht sinnvoller wäre, das Stuttgarter Ballett um die Karlsruher Tänzerpositionen aufzustocken und die Kompanie dann auch in Karlsruhe die Ballettvorstellungen bestreiten zu lassen. Etwa nach dem Vorbild des Balletts der Deutschen Oper am Rhein, das bekanntlich in Düsseldorf und in Duisburg auftritt. Große Chancen sehe ich für eine Realisierung dieses Vorhabens nicht, dafür ist der lokale Ehrgeiz der Karlsruher und ihres Badischen Staatstheaters zu ausgeprägt, doch eine Diskussion darüber käme sicher der Standort- und Selbstverständnisdefinition beider Kompanien zugute.

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