Chefdramaturg Rolf Trouwborst gestorben

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Stuttgart, 28/08/2002

Er war einer der Dramaturgen im Vordramaturgen-Zeitalter der deutschen Opernhäuser – will sagen: als die Dramaturgen noch bescheiden hinter den Intendanten, Dirigenten und Regisseuren zurücktraten, während sie ja heute durchaus ebenbürtig neben ihnen rangieren, wenn sie nicht sogar an erster Stelle stehen.

Die Rede ist von Rolf Trouwborst, der jetzt im Alter von 81 Jahren in Düsseldorf gestorben ist. Ursprünglich Zeitungsmann (wie so viele seiner Kollegen), war er der Vize des Intendanten Grischa Barfuss – zuerst in Wuppertal, dann an der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg. Seine Liebe zum Ballett hatte ihm keine Fliederfee an seiner Wiege prophezeit – ich vermute, dass er sie wohl in Wuppertal entdeckt hat, in der Zusammenarbeit mit Erich Walter und Heinrich Wendel.

Das war in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre, als sie – noch vor Crankos Amtsantritt in Stuttgart – so etwas wie ein „Wuppertaler Ballettwunder“ bewirkten. Damals war jede Wuppertaler Ballettpremiere ein Zwangstermin für uns junge Ballettfans, die wir die Segnungen des Balletts gerade erst bei Balanchine und seinem New York City Ballet entdeckt hatten.

Es tut gut, daran zu erinnern, dass Wuppertal nämlich schon einmal Ballettstadt war, zwanzig Jahre bevor es dann Pina Bauschs Hochburg des Tanztheaters wurde. Mit Barfuss, Walter und Wendel siedelte Trouwborst dann zur Spielzeit 1964/65 nach Düsseldorf über und begleitete die Opern- und Ballettproduktionen bis in die achtziger Jahre – ein Mann im Hintergrund, der unendlich viel Gutes bewirkt hat – wie schon in Wuppertal die Monteverdi-Einstudierungen (lange vor Harnoncourt und Ponnelle in Zürich), sodann die großen Janáček- und Rossini-Zyklen in Düsseldorf.

Ich kann mir vorstellen, dass der so frühe Tod Erich Walters 1983 ein schwerer Schlag für ihn war, und dass der Niedergang des Düsseldorfer Balletts unter Bortoluzzi ihn dann sehr traurig gemacht hat. Mit umso größerer Genugtuung dürfte er indessen registriert haben, dass ihm ganz am Ende seiner so verdienstvollen Karriere noch ein großer Coup gelungen ist: die Verpflichtung Heinz Spoerlis als Ballettchef von Basel nach Düsseldorf, an der er entscheidenden Anteil hatte.

Und noch etwas Weiterwirkendes hat er initiiert – und wohl etwas absolut Einmaliges dazu. Jedenfalls ist mir kein anderer Dramaturg bekannt, der seine Tochter oder seinen Sohn so mit dem Tanzvirus infiziert hat wie im Falle seiner Tochter Bettina geschehen, die inzwischen als Tanzkritikerin der Neuen Rhein-Zeitung und Mitarbeiterin einer Reihe von anderen Zeitungen und Zeitschriften dafür sorgt, dass Tanzleute jeglicher Couleur allerorten aufmerken, wenn sie heute den Namen Trouwborst hören.

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