Uma Festa para Marcia

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Stuttgart, 20/04/2002

Wenn sie so weitermacht, wird sie wohl so alt wie Ninette de Valois werden, Stuttgarts Queen Mum alias Marcia Haydée. Zwei Drittel hat sie ja nun bereits hinter sich gebracht, und so hatte das Theaterhaus Wangen anlässlich ihres Fünfundsechzigsten zu „Uma Festa para Marcia“ geladen, und Tout Ballett-Stuttgart ließ es sich nicht nehmen, mit ihr zu feiern – offiziell (mit drei erfreulich knapp gehaltenen Gratulationen des Hausherrn, der Landesregierung und der Stadtverwaltung) und inoffiziell umso ausdauernder, mit Küsschen hier und Küsschen da.

Und im Mittelpunkt eine strahlende Marcia, topfit nicht länger durch das tägliche Ballettexercise, sondern nunmehr durch ihre nicht weniger streng absolvierten täglichen Yoga-Meditationen, für die sie in einem Gespräch mit Rainer Woihsyk genauso eloquent zu werben verstand wie für das „Money, money, money“-Prinzip ihres geplanten Ausbildungszentrums im geplanten neuen Theaterhaus auf dem Pragsattel.

Begonnen hatte der Abend mit „M. wie Marcia“, einer filmischen Betrachtung von Jean-Christophe Blavier, von ihr selbst kommentiert, mit Ausschnitten aus ihren beiden Familienalben, dem ihrer angestammten Familie im heimischen Brasilien, und dem ihrer zusammen mit John Cranko begründeten zweiten Familie des Stuttgarter Balletts. Diesem so ausgeprägten Familiensinn verdankt sie zweifellos die Kraft und die Stärke, die sie zuerst in ihre Karriere und nach deren Ende in ihr jetziges, kaum weniger umtriebiges Leben nach der Karriere investiert hat und weiter investiert.

Zwei Kontinente – zwei Familien – zwei Leben: welch ein begnadetes Erdendasein! Eine Kostprobe aus letzterem gab es dann am Schluss: „M. – wie Callas“ als Voraufführung des neuen Tanzabends von Marcia Haydée und Ismael Ivo, dessen Theaterhaus-Premiere für den 5. Juni angekündigt ist. Marcia als Tragikerin des Theaters, gestylt nach der Medea des Pasolini-Films, begleitet von einer Art Todesboten, als der ihr Ivo mit einem Kerzenleuchter einen Weg erst durch den Korridor ihrer verschlissenen Schuhe und dann durch die Allee der Telefone bahnt, an deren Ende das leere Schweigen auf sie wartet.

Dazu aus dem nicht umsonst so genannten Lautsprecher und entsprechend nervtötend elektronisch gedopt die verführerischsten Arien der Cecilia Sophia Anna Maria geborene Kalogeropoulou aus „Tosca“, „Gianni Schicchi“, „La Wally“, „La Gioconda“ und „Norma“ – sozusagen als mumifizierte Personalunion all der großen Bühnenliebhaberinnen ihres Ballerinendaseins von Julia bis Isadora. Ob die Callas wohl je auf die Idee gekommen wäre, in einer Vokalperformance als „M. – wie Haydée“ aufzutreten?

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