Ballettpremiere mit Spoerli, van Manen und Balanchine

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Zürich, 22/12/2001

Spoerli, zweimal van Manen und Balanchine: ein prima, wohl ausgewogenes Programm als Weihnachtsgeschenk, das das Zürcher Ballett seinen vielen Freunden beschert hat. Getanzt con spirito sozusagen, animiert und unweigerlich gute Laune stiftend. Unerfindlich allerdings, warum das unter der befeuernden Leitung von Michael Christie musizierende Orchester sich den beiden van Manen-Stücken, Beethovens „Große Fuge“ und Arvo Pärts „Fratres“ versagte, so dass sie zu Tonbandaufzeichnungen getanzt werden mussten – weil sich die Musiker überfordert fühlten?

Zu Beginn vom Zürcher Ballettchef das im Sommer in Ludwigsburg uraufgeführte „All Shall Be“ – hier nun mit einem raffiniert beleuchteten, tiefenschichtigen Kassettenhintergrund von Hans Schavernoch (der auch für Balanchines „Sinfonie in C“ den Hintergrundprospekt entworfen hatte: das Foyer der Pariser Opera). Ich bleibe bei meiner Forderung nach einem zeitweiligen Moratorium für Ballette zu Musik von Bach, gestehe aber, dass auch ich mich der musikalischen Energetik und dem jugendlichen Impetus von Spoerlis Choreografie nicht entziehen konnte – und schon gar nicht den tollkühnen Kapriolen des Luftikus Nicolas Blanc.

Die „Große Fuge“, inzwischen immerhin schon dreißig Jahre alt, hat nichts von ihrem nicht zu stoppenden Drive eingebüßt – gleichwohl wünschte ich mir stärker persönlichkeitsgeprägte Tänzer in den zweimal vier Partien. Kein Mangel daran bei Karine Seneca und Dirk Segers, die in van Manens „Deja Vu“ wie zwei vipernhafte Insekten aufeinander losgehen – lauernd, konternd, zwei tänzerische Sparringspartner.

Und zum Schluss die reine Freude: Balanchines „Sinfonie in C“, in der alles Maß, Ordnung und Harmonie ist – der Grundakkord des klassisch-akademischen Tanzes. Noch fehlt es der von Patricia Neary besorgten Einstudierung an Finish und Feinschliff – Yen Han und Francois Petit demonstrierten immerhin im dritten Satz mit ihrem funkelnden Kristallglanz in welche Richtung die Arbeitsreise gehen sollte.

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