Lektüre von Elke Krafkas „Anni Peterka“

oe
Im Zug, 29/03/2009

Auf dem Rückweg nach Stuttgart in dem gestern in Basel erstandenen Büchlein von Elke Krafka geblättert: „Getanzte Zeitgeschichte – Anni Peterkas Leben zwischen Tanz und Politik“ (Alibri-Verlag, Aschaffenburg 2000, 84 Seiten). Erinnerungen kommen hoch an ein paar beschwingte Ballettabende am damals in der Berliner Schönhauser Allee residierenden Metropol-Theater und seine Ballettmeisterin und Chefchoreografin Anni Stoll-Peterka, die der Berliner Ballett-Palette der fünfziger Jahre einen eigenwillig komödiantischen Farbtupfer beisteuerte (mit Rita Zabekow als temperamentvoller Ballerina).

Der schmale Band referiert das Leben und die Karriere der 1913 in Brünn geborenen Tänzerin und Choreografin, die via Weimar, Städtische Oper Berlin, Freiburg und Ulm (1936 bis zum 1944 erfolgten Abtransport ins „Arbeitserziehungslager“ – Vorwurf der Nazis: „Tarnung als Arierin“) bei Kriegsende in Berlin landete, wo sie bis zum Mauerbau am Metropol-Theater unzählige Operetten-Choreografien und ein paar eigene Ballettabende herausbrachte, bevor sie dann von 1961 bis 1973 in Hamburg das Fernsehballett des NDR aufbaute. Nicht ohne Rührung liest man, unter welch primitiven Bedingungen das Ballett damals an den Stadttheatern sein Leben fristete, wie die Nazis den Theaterbetrieb für ihre Zwecke zu instrumentalisieren versuchten, und wie sich dann in Ostberlin eine ähnliche Entwicklung unter den Funktionären des SED-Regimes anbahnte.

Ein tapferes Leben, abgetrotzt den widrigsten politischen Verhältnissen! Gut auch, daran erinnert zu werden, wie bescheiden die Ballettanfänge im Fernsehen waren (und in diesem Zusammenhang auch an den heute total in Vergessenheit geratenen Kurt Jacob und seine zahlreichen Münchner Ballett-Fernsehproduktionen gedacht, der im nächsten Jahr seinen achtzigsten Geburtstag hätte feiern können).

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