Ein unermesslicher Schatz

Die Stuttgarter John-Cranko-Schule hat jetzt eine „Horst-Koegler-Tanzbibliothek“

Stuttgart, 12/05/2002

Der Stuttgarter Ballett- und Musikkritiker Horst Koegler, auch international einer der Renommiertesten seines Fachs, sorgt umsichtig und beizeiten dafür, dass sein Name selbst in ferner Zukunft unvergessen bleiben wird. Zunächst hat der Fünfundsiebzigjährige vor einiger Zeit eine Stiftung seines Namens mit Kapital bestückt, dessen Zinsen der Stuttgarter John-Cranko-Ballettschule zufließen. Außerdem ist das hoch angesehene Institut, aus dem das Stuttgarter Ballett den Löwenanteil seines Nachwuchses bezieht, in Koeglers Testament bedacht worden. Und am vergangenen Sonntag schließlich hat die John-Cranko-Schule in ihren Räumen mit einer kleinen Feierstunde ihre neue „Horst-Koegler-Tanzbibliothek“ einweihen können, die aus dem Besitz des Kritikers stammt.

Das ist ein für Fachleute unermesslicher Schatz von weit mehr als 1000, zum Teil überaus kostbaren Bänden über Tanz, Tänzer, Choreografen, Tanzgeschichte und -wissenschaft, darunter auch eigene Werke, von denen die meisten längst vergriffen sind. Zu ihnen gesellen sich komplette Ausgaben zahlreicher internationaler Tanzzeitschriften. In einer Rede kündigte der Spender an, dass die Sammlung nach seinem Tode noch um sein umfangreiches „Stuttgart-Archiv“ und die wichtigsten jener Bücher, mit denen er noch täglich arbeite, seine „Kronjuwelen“ gewissermaßen, erweitert werde. Erst dann sei die, wie er sie, halb im Scherz, nannte, „Horst-Koegler-Gedächtnisbibliothek“ vollständig.

Der mit Koegler befreundete Ballettmeister und Choreograf Alexander Schneider hat mit diesen Kostbarkeiten einen Raum der Schule zu einem kleinen, gemütlichen Schmuckstück gestaltet. Thematisch geordnet und katalogisiert, bedecken die Werke griffbereit und einladend die Wände, umgeben von Portraits aller wichtigen Choreografen, auch sie nach Zeit und Ländern sortiert, unter besonderer Berücksichtigung der Tanzstadt Stuttgart. Recht bald wolle er, so Schneider, die Sammlung um Videos aus allen Tanzbereichen erweitern. So können die Ballettschüler ab sofort ihren Wissensdurst in einer angenehmen Atmosphäre stillen, was ihnen vor allem bei der Bewältigung ihres theoretischen Unterrichts zupass kommen wird. Die Studenten Xenia Wiest und Antonio di Carmine bedankten sich denn auch mit charmanten Reden bei Koegler und bekannten, sie hätten „es kaum noch erwarten können“, endlich von dieser Bibliothek Besitz zu nehmen.
Ballettintendant Reid Anderson („Sie sind sehr großzügig, Herr Koegler“) sieht in dem allem erst einen Anfang. Er kündigte großzügige Bücherspenden aus eigenem und dem Bestand seiner Compagnie an und ermunterte jedermann, es ihm gleichzutun. Auch Tadeusz Matacz, Direktor der Schule, freute sich, dass nun die „heilige Neugier“ ein weiteres Feld zu ihrer Befriedigung gefunden habe.

 

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