"Thank you for your effort, even if these requests cannot be fulfilled" von von Liz Rosenfeld und Rodrigo Garcia Alves.

"Thank you for your effort, even if these requests cannot be fulfilled" von von Liz Rosenfeld und Rodrigo Garcia Alves.

Nicht viel übrig geblieben

„Thank you for your effort, even if these requests cannot be fulfilled“ von Liz Rosenfeld und Rodrigo Garcia Alves in den Berliner Sophiensaelen

Bei der Befragung des Sterbens fallen die Antworten von Liz Rosenfeld und Rodrigo Garcia Alves meist ziemlich dünn aus. Die Reflexion eines idealen Hospizes gelingt so wenig, dass Künstler*innen hilflos vor ihrem Material stehen.

Berlin, 17/09/2021
Dieses Knarzen hat schon etwas Unangenehmes. Es sind die Stricke, die in feinster elaborater Bondage-Manier um die Körper der beiden Performer geklöppelt sind und jede noch so winzige Regung akustisch kommentieren. Was in der Performance „Thank you for your effort, even if these requests cannot be fulfilled“ in den Sophiensaelen als Video zu sehen ist, darf direkt daneben leibhaftig auf der Bühne bewundert werden. Liz Rosenfeld und Rodrigo Garcia Alves loungen in einer Ansammlung überdimensionierter Säcke, die wie Felsbrocken eingefärbt sind. Langsam, ganz langsam, entschnüren sich die beiden gegenseitig. Das braucht Zeit. Die haben wir ja, oder? Beim Nachdenken über das Ende, den eigenen Tod, vergisst man gern mal Zeit und Raum, weil alles irrelevant zu werden scheint. Fragt sich nur, ob das im dramaturgischen Sinn hier wirklich aufgeht.

Man darf sich schon dankbar dafür zeigen, dass der Programmtext auf die Sprünge hilft. Die Künstler*innen reflektieren hier „die eigenen Wünsche, Erfahrungen und Geschichten, die mit einer queeren Position zu Tod, Sterben und Sterbebegleitung verbunden sind“. Gut zu wissen. Plötzlich ergibt auch der sperrige Titel einen Sinn. Und das leise Röcheln, der Atem. Der Lebens-Odem. Verstanden. Ganz langsam an das Thema herantasten. Wahrscheinlich kriecht Liz Rosenfeld deshalb mit ernstem Gesichtsausdruck einmal quer über die Bühne. Ja, quer geht. Aber ist das schon queer? Kommt sicher noch.

Alles schön introspektiv, kontemplativ, getragen. Dann steigen beide in einfache schwarze Kleidung, weiße Sneaker. Die Nacktheit tut es nicht mehr. Dabei fallen einzelne, merkwürdige Sätze: „Would you take my temperature? Will you listen to my story like it’s the first time? Can we keep this between us?“ Die letzten Worte von Sterbenden sind es wohl nicht, aber ganz hinten am Ende scheinen sie dann doch angesiedelt zu sein. Ein bisschen, wie aus dem Leben gefallen. Es bleibt eben nichts mehr. Die Säcke werden über die Bühne verteilt, gestapelt, umgestapelt, neu gruppiert. Schöne Bilder, in denen es sich bedeutungsvoll auf, neben und vor allem unter den „Felsbrocken“ posieren lässt. Unters Rad gekommen, sozusagen, erschlagen. Nach einem Lösungsansatz, einer Utopie sieht das nicht aus. Dabei sollte genügend Recherche-Material vorliegen. Mit einem Palliativmediziner haben sich die beiden auseinandergesetzt, mit einer Sterbe-Doula (einer Art psychologisch-spiritueller Sterbebegleiterin), einem Chorleiter (?), einer Bondage-Expertin (Überraschung!) und einem Tattoo-Heiler. Und das Ergebnis?

In einem effektvollen Moment öffnet sich die Verdunklung der Fenster, wodurch eine Vermischung des Bühnennebels mit dem Licht von außen entsteht. Hübsch. Und? Da wird manches getestet, ausprobiert und durchexerziert. Aber durchgefühlt wird offenbar kaum etwas. Eine künstlerische Aneignung des Materials wird kaum sichtbar. Kein Experiment, keine Meinung. Kein Reiz, keine Provokation. Die Effekte und Bilder selbst bleiben oberflächlich. Alles reiht sich belanglos aneinander, frei von einer sichtbaren Dramaturgie. Die Ansätze vermitteln sich kaum, die Ideen übersetzen sich nicht, erst recht nicht ohne Blick ins Programm. Das reicht nicht.

Allerdings gelingt in der vorletzten Szene dann doch noch so etwas wie ein authentischer Moment, wenn aus den Lautsprechern feinster leidenschaftlicher Pop hüpft und sich Liz Rosenfeld und Rodrigo Garcia Alves unerwartet zu prügeln beginnen. Das wirkt überzeugend, wenngleich ohne tatsächliche Aggression. Da scheint bisschen Verzweiflung aufzukommen, etwas Frustration hängt im Raum. Es geht darum, sich abzureagieren, offenbar nicht darum, dem Gegenüber weh zu tun. Ist das dann schlussendlich queer?

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