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Leipzig
TWIN PEAKS IN SPANIEN UND SACHSEN
"Me. Laura Palmer" im LOFFT Leipzig
Von Dr. Torben Ibs
Andalusische trifft sächsische Provinz und die Schnittmenge davon ist David Lynchs Kult-Serie Twin Peaks. Das ist in aller Kürze das Konzept nach dem Laura Morales und Julius Gilbert zusammen mit Álvaro Copado in "Me. Laura Palmer" auf die Suche gehen. Im Leipziger Lofft präsentierten sie nun das Ergebnis dieser Recherche in einem konzentrierten Abend, der all dies aufgreift, aber sie doch nur schwer greifbar macht – was wiederum auch ein Markenzeichen des Lynchen Universums ist und insofern fast schon wieder konsequent.
"Me. Laura Plamer" ist zweisprachig, wobei die deutschen Texte überwiegen, für die geplanten Vorstellungen in Spanien wird dies vermutlich anders sein. Es beginnt mit einem meditativen Einstieg zu Atemübungen, während auf die großflächige Leinwand im Bühnenrücken, Videobilder von an einem dunklen See tanzenden Taschenlampen projiziert werden. Das ikonische Bild der toten Laura Palmer in der Plastikfolie, das die gesamte Twin Peaks-Handlung in Bewegung setzt, steht klar vor Augen, auch wenn die Kompanie auf solche plumpe Zitate und direkte Bilder aus Twin Peaks verzichtet. Stattdessen verwandeln sie die Themen des Lynchen Kosmos und verlassen ihn dabei mitunter ganz. Besonders spürbar wird dies bei der Musik von Pilar Angulo, die sich klar an Angelo Badalamentis hypnotischen Originalsoundtrack orientiert, aber doch in diesem Stil ganz eigene musikalische Kreationen hervorzaubert, die mal dunkel dräuend mit einer Art Hubschraubersound, mal sphärisch-chorisch (wie bei Badalementis Song Fallen) ihren Weg auf die Bühne finden.
Dieses Eindringen in den eigenen Kosmos geschieht besonders über Videosequenzen aus andalusischen Dörfern und sächsischen Wäldern. Erzählt wird von spanischen Dorffesten mit merkwürdigen Besucher*innen und dem Überfall von rechtsradikalen Jugendlichen auf ein paar wilde Campende am See. Doch erzählt ist im Grunde das falsche Wort, vielmehr wird andeutungsreich fabuliert, bruchstückhafte Sinnfetzen werden gesprochen, wiederholt und übereinandergelegt, die sich aber nie ganz zu einem Bild fügen. Ebenso wechseln die Videobilder zwischen Dokumentarischen und klar Inszenierten, zwischen rasanten Einstellungen und stillen Panoramen. Hinter all diesen Eindrücken liegen die Abgründe der Provinz.
Hier kommt das tänzerische Moment ins Spiel. Laura Morales, Álvaro Copado und Julius Gilbert geben eine wirbelnde Ménage-à-trois, bei der jeder mal mit jedem darf. Lust, Leidenschaft und Eifersucht werden rasant und mit einer großen Spielfreude mit durchaus komplexen Dreier-Figuren dargeboten. Dazwischen immer wieder kurze Stilleben mit ändernden Akzentuierungen, die blitzartig den jeweiligen Beziehungsstand oder -wunsch symbolisieren. Inklusive Gruppenorgasmus. Hinzu kommen Solonummern: Morales im pseudofolkloristischen schwarzen Kleid mit vielen darauf gemalten Augen, Gilbert als zuckender nur in Trippelschritten vorankommender Gesell, wie von einem Uhrwerk aufgezogen und Copado, der gegen Ende eine großes Wiederauferstehungssolo mit Zelteinsatz präsentiert (die ganze Zeit steht auf der hinteren Bühne ein Iglu-Zelt als einziges Requisit). Copado mit langen offenen Haaren und nacktem Oberkörper zieht dieses Zelt über ein Loch im Boden wie ein Kleid an. Er greift so die Nazi-Geschichte des Films auf und verwandelt sie in eine groteske Tanznummer irgendwo zwischen Derwischtanz und körperbewegtem Objekttheater.
Ein kurzweiliger Tanzabend mit 65 Minuten Länge, der zwar seine hohen konzeptuellen Ansprüche nicht in jedem Moment einlösen kann, aber viel Freude macht. Die drei Performer*innen wissen, wie sie mit Verve und Energie das Publikum für sich gewinnen können - und so manches überraschende Bild macht Lust auf mehr.
Kommentare zu "Twin Peaks in Spanien und Sachsen"
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