„Code“ von Sosani Tanztheater

„Code“ von Sosani Tanztheater

Zur Drei


Georgische Tanzkompanie bei den Tanztagen in Regensburg

Bei der Premiere von „Code“ des Sosani Tanztheater tanzten, sangen und saßen zeitweise 16 Künstler*innen auf der kargen Bühne des Regensburger Uni-Theaters. Unter ihnen drei Sänger des georgischen Vokalensembles Shavnabada.

Regensburg, 23/12/2019

Die neue Produktion „Code“ des Sosani Tanztheater beeindruckt durch den personellen Aufwand. Bei der Premiere tanzten, sangen und saßen zeitweise 16 Künstler*innen auf der kargen Bühne des Regensburger Uni-Theaters. Unter ihnen drei Sänger des georgischen Vokalensembles Shavnabada. Wie die Tänzerin Natia Bunturi sind sie eigens für die Endproben und Aufführungen bei den Tanztagen Regensburg aus Tiflis angereist. Für ein freies, finanziell vermutlich eher klammes Ensemble, ist schon das eine beachtliche Leistung.

Im Lichtkegel steht zunächst breitbeinig eine männliche Figur in einem roten, gegürtetem Wams, schwarzer Pluderhose und hohen Lederschaftstiefeln. Mit einem haarigen Etwas auf dem Kopf wirkt der Tänzer, der entfernt einer folkloristischen Vorstellung eines Kosaken ähnelt, beinahe grotesk, komisch. Mit zackig-volkstümlichen Tanzschritten und der zotteligen Perücke, die sich als traditionelle Mütze aus Schaffell entpuppt, markiert er eine Suche nach Identität und Herkunft. Später gesellt sich mit Bunturi, die in gleicher Farbgebung gekleidet (Kostüme: Thea Sosani) ist, eine grazile Partnerin hinzu. Verstärkt wird der volkstümlich-folkloristische Eindruck noch durch die Sänger mit einer überlieferten, lautmalerischen Gesangsweise, von der eine vibrierende Intensität ausgeht. Eine dynamische Gruppenchoreografie markiert den Einbruch und die Auseinandersetzung mit der Moderne. Es ist wohl auch ein Tauziehen um Bedeutung und Notwendigkeit von persönlichen (Ausdrucks-)Freiheiten und Streben nach Glück, welches sich sowohl in kollektiver Gemeinsamkeit wie in tänzerisch spannungsreichen Kleingruppen und intimer Paarchoreografie äußert.

Über einen durch Licht erzeugten zebrastreifenartigen Zwischenteil leitet die immer wieder durch starke theatralische Bilder aufgeladene Choreografie Thea Sosanis zum zweiten Teil über. Der kreist um die Zahl drei, auf georgisch „sami“. In vielen Kulturen und Religionen hat diese Zahl eine herausgehobene Stellung. Mehrere Trio-Konstellationen brechen die mathematische Abstraktion auf handfeste menschliche Aspekte herunter. Das funktioniert mit drei Tänzerinnen, die hinreißend und gewitzt starke Frauenbilder mit matriarchalischen Aspekten symbolisieren. Aber auch mit einem Tänzer (Patrick Bayer) und zwei schwarz gekleideten Partnerinnen (großartig Ramona Reißaus und Julia Koderer), die sich einmal eifersüchtig bekämpfen oder hinreißend tanzend und spielend als Einheit erscheinen. Im Trio Mann, Mann (Jonas Dürrbeck) und Frau (Ramona Reißaus) kommen quasi-religiöse und wunderbar kapriziöse Bezüge zum Vorschein.

Der dritte und letzte Teil der komplexen Choreografie schließlich widmet sich der Bedeutung des Kreises „als eines der ältesten menschlichen Symbole für die Unendlichkeit des Seins und das Einssein mit der Gemeinschaft“, wie es im Programmheft heißt. Zunächst stiftet der Volkstänzer (Irakli Dvali) Frieden zwischen rivalisierenden Tänzern. Die Sänger nehmen wieder ihre Rolle als magische Klangschöpfer ein. Die Tänzerinnen dagegen vermitteln in einer Mischung aus Frühlingsreigen, dienenden und sich erhebenden Figurationen eine nicht ganz durchschaubare Absicht aus überspitzter Ironie und weiblichen Klischeebildern.

In den aufeinander prallenden, scheinbaren Gegensätzlichkeiten liegt ein Manko dieser durchaus spannenden, aber eben auch verwirrenden Choreografie begründet. Die verschiedenen thematischen Ansätze scheinen eher unverknüpft nebeneinander zu stehen, als inhaltlich aufeinander bezogen. Das Zusammengehen unterschiedlich professioneller Fähigkeiten dagegen hat Sosani in ihrem Tanzstück ganz wunderbar hinbekommen, indem sie ihre Tänzer*innen den Fähigkeiten nach optimal eingesetzt hat. Und das ganze Ensemble selbst ist mit einer funkelnden Leidenschaft, mimischer und gestischer Ausdruckskraft und einem körperhaften Aufruhr dabei, der unbedingten Respekt verlangt.

Vielleicht hat die Regisseurin und Choreografin ein wenig zu tief in die georgische Folklore geblickt und mit ihrer Umsetzung die Zuschauer*innen mit einigen der volkskundlichen und kulturellen Bezügen aus den Überlieferungen georgischer Kultur überfordert. Dennoch bietet das Tanzstück ein Erlebnis - fürwahr mit Geheimnissen.
 

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