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Chemnitz
PERSÖNLICH. PERSÖNLICHKEIT
Peter Svenzons "Persona" am Theater Chemnitz
Von Peggy Fritzsche
Intim. Nahe. Berührend im Wortsinn. "Showcase" heißt die Reihe des Chemnitzer Balletts. Nie ist Tanz so nahe. Auftritt im Probensaal - das Publikum hockt auf einer Stuhlreihe direkt am Schwingbodenrand. Wer zuguckt, bebt mit. Denn die Protagonisten springen, fallen, schleichen, wirbeln. Wer zuguckt, bekommt Schweiß ab. Wer zuguckt, muss die Beine anziehen, damit die Tänzer nicht drüber stolpern.
Nachdem Anthony Missens Arbeit "Mavericks And Sheep" in der vergangenen Spielzeit vielbeachtet und groß umjubelt wurde, hat jetzt der zweite Teil der losen Schaufenster-Folge Premiere: "Persona" heißt die Aufführung. Peter Svenzon aus Schweden entwickelt mit dem Chemnitzer Ensemble einen Tanz rund um die Persönlichkeit. Was wissen wir voneinander? Wie weit möchten wir uns annähern? Inwieweit spielen Klischees oder Konventionen bei der Begegnung mit einem anderen Menschen eine Rolle? Diesen Fragen folgend, legt er Schicht um Schicht seiner Tänzercharaktere frei. Er spiegelt ihre Eigenarten, entzieht sie der blinden Masse. Svenzon zeigt sich dabei als ganz famoser Kuppler. Die zart scheinende Primaballerina gepaart mit dem draufgängerisch wirkenden Solo-Kerl: Kommen beide zueinander, wird sie titanengleich zur Atlas-Figur, ihren Tanzpartner stemmend als schwebe er, verletzlich, schmal, fast nackt. Neun Tänzern bietet Svenzon die Bühne. Er führt sie mal zusammen, dann lässt er sie wieder voneinander abprallen. Er gibt ihnen Raum sich zu beäugen, sich zu ignorieren, sich zu finden, sich abzugrenzen.
Klar, Persönlichkeiten geben ein dankbares Thema her. Die Zarte kann stark sein. Der Starke kann verletzlich sein. Die Verletzliche kann das Kommando übernehmen. Dazu braucht es kein Surprise, Surprise. Doch Peter Svenzon lässts eben nicht beim Schicht für Schicht Charakter freilegen. Er schafft auf wunderbar unprätentiöse Weise Begegnungen und eröffnet doch Freiheiten. In keinem anderen Stück des Chemnitzer Ballettspielplans lernt das Publikum seine Tänzer so unmittelbar kennen. Sie lächeln, wenn eine Figur besonders gut gelingt, atmen brustbebend nach anspruchsvollen Sprüngen, platzieren sich kurz auf freigebliebenen Sitzen inmitten der Zuschauer, spielen berührend Klavier. Der eine erscheint sympathisch, der nächste anspruchsvoll, wieder jemand nett, manch einer kompliziert. Peter Svenzon nutzt nicht nur die Ausdrucksstärke der Tänzer, um seine Ideen der Individualität zu transportieren. Es ist vielmehr die Inszenierung selbst, die den Charakter der Tänzer offenbart.
"Persona" ist persönlich. "Persona" gibt den Tänzern eine Stimme, ihre Stimme. Kommen die Aussagen zunächst vom Band aus dem Off, sprechen die Kompaniemitglieder im Laufe ihrer Vorstellung schließlich selbst. Svenzon ist nicht nur Choreograf, sondern auch Komponist. Und so verwebt er Tanz und Töne, Debussy und Drums, Kommentare und Kommandos zu einer Inzsenierung mit Ausrufezeichen. Die Choreografie frachtet dem Publikum gnadenlos eine Wucht an Ausdruck entgegen, langweilt in keiner Sekunde der 60 Aufführungsminuten und: Halleluja! Sie kommt ganz ohne zu oft bemühte Attitüde mit dem erhobenen Zeigefinger aus.
Kommentare zu "Persönlich. Persönlichkeit"
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