„The Return of Don Q.“ von Christian Spuck, Tanz: Egon Madsen und Eric Gauthier

Gnadenlos gut

Christian Spucks „Don Q.“ mit Egon Madsen und Eric Gauthier am Stuttgarter Theaterhaus

Eine der schönsten Nummernrevuen des Tanzes ist unter dem neuem Titel „The Return of Don Q.“ zurück auf der Bühne.

Stuttgart, 03/12/2018

Es war nicht so geplant, aber es ist ein ganz großes Glück, dass es so gekommen ist: „Don Q.“ ist zurück auf der Bühne und heißt deshalb jetzt „The Return of Don Q.“. Diese ebenso alberne wie tiefgründig-melancholische und gerade deswegen so großartige 'nicht immer getanzte Revue' in der Choreografie von Christian Spuck mit Egon Madsen und Eric Gauthier war 2007 nur für zehn Vorstellungen geplant. Es wurden 60, und sie wurden in vielen Ländern der Erde gezeigt; nicht nur im Stuttgarter Theaterhaus, wo am 6. September 2007 die Uraufführung stattfand, als Einstieg in die neue Tanzreihe im Theaterhaus mit der damals gerade neu gegründeten Kompanie „Gauthier Dance“.

Auf die Idee, das Stück nochmals aus der Kiste zu holen, sind Egon Madsen und Eric Gauthier im Mai 2018 gekommen, als sie anlässlich einer Gala zu Egon Madsens 75. Geburtstag Auszüge aus „Don Q.“ zeigten. Jetzt sei es für ihn, als schließe sich ein Kreis, sagt Eric Gauthier im Gespräch mit tanznetz.de vor der Vorstellung: „Don Q. war am Theaterhaus meine erste Premiere und vielleicht ist es nun auch meine letzte als Tänzer. Natürlich geht es weiter mit der Kompanie und auch mit meinem Solo ‘The Gift’. Aber ob es für mich mit meinen 41 Jahren als Tänzer nochmal eine Premiere gibt, ist ungewiss.“ Und „Don Q.“ sei nun mal eines der schönsten und magischsten Stücke, das er je getanzt habe, kein normales Tanzstück, sondern eher Theater. Es sei durchaus ein gutes Gefühl, wenn sich seine Tänzerkarriere nun gerade damit abrunde. „Sag nie, dass es das letzte Mal ist, das hat Marcia Haydée immer gesagt“, fällt ihm da Egon Madsen ins Wort. Er muss es wissen, schließlich ist er inzwischen 76 Jahre alt und immer noch auf der Bühne …

Die Wiederaufnahme von „Don Q.“ sei für ihn eine Begegnung mit der Vergangenheit und mit sich selbst gewesen, erschreckend und berührend zugleich, sagt Christian Spuck: „Jetzt kommen die alten Stücke zurück, das fühlt sich schon etwas komisch an, ich glaube, ich werde einfach alt …“ Aber er freue sich sehr über die Wertschätzung. Eine Woche war der Direktor des Balletts Zürich in Stuttgart, um mit den beiden Tänzern „The Return of Don Q.“ frisch auf die Füße zu stellen. Weder am Bühnenbild, noch an der Ausstattung, der Reihenfolge der 24 Nummern oder der Musikauswahl von „Don Q.“ hat er etwas geändert. Auch die Choreografie sei von A bis Z so geblieben. „Krass, nicht?“, kommentiert Eric Gauthier. Er und Egon seien jetzt elf Jahre älter, und alles gehe immer noch. „Wir kennen unseren Körper sehr gut, wir wissen, was geht und was nicht“, meint Egon Madsen. „Es gibt eine Stelle, die für mich etwas schwieriger war, die haben wir dann ohne die eigentlich vorgesehene Pirouette gemacht. Aber wir haben gemerkt, dass das so nicht funktioniert. Dann habe ich eben geübt, und siehe da: Es ging.“ Wenn man ein gutes Coaching habe und einen guten Choreografen und die richtige Einstellung, wie man das tanzen und darstellen möchte, gehe vieles.

Eines unterscheidet „The Return of Don Q.“ aber doch von der Ursprungsfassung: „Wir haben alle drei nochmal intensiver nachgefragt bei jeder einzelnen Szene: Warum machen wir das eigentlich? Worum geht es?“, sagt Christian Spuck. Dadurch sei das Stück ein bisschen seriöser geworden, und sie seien noch tiefer reingegangen in die Charaktere: „Vor elf Jahren sind wir mit einer gehörigen Portion Naivität an die Arbeit gegangen, deshalb ist vieles so albern und schräg und merkwürdig, wie aus dem Koffertheater. Davon haben wir jetzt nochmal einen Geschmack bekommen. Es ist ein großes Geschenk, dass wir das herausholen durften und dass das Theaterhaus uns so dabei unterstützt hat.“

Die erneute Auseinandersetzung mit jedem Detail der 24 Szenen hat dem Stück gut getan. Es hat an Konzentration und Fülle gewonnen, noch stärker loten die beiden Ausnahmetänzer die Höhen und Tiefen aus. Ihre über die Jahre durch die gemeinsame Arbeit gewachsene enge Verbundenheit, ihre Seelenverwandtschaft, zeigt sich auch auf der Bühne. „2007 haben wir mehr in das Publikum hineingespielt, weil wir jünger waren, bei so einem revueartigen Stück geht man ja gerne über die Grenzen“, sagt Egon Madsen. „Jetzt haben wir uns das wieder zurückgeholt. Es gibt ganz tiefe Momente zwischen uns, und wenn es nur ein Blick ist.“

Es ist eine 70-minütige Reise zweier Menschen, einer älter, einer jünger, die aneinander gebunden sind, die sich ständig aus ihrer Zwangsgemeinschaft befreien und den Raum verändern wollen, und die gerade das nicht schaffen. Es ist ein ständiges Schwanken zwischen Tragik und Hoffnung, zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Es trifft mitten ins Herz, es ist gnadenlos witzig und gnadenlos traurig. Vor allem aber: gnadenlos gut.

 

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