„Onegin“ von John Cranko, Tanz: Liam Blair und Yurie Matsuura

Herausforderung

John Crankos „Onegin“ am Aalto Ballett in Essen

Komplexe Charaktere und eine noch komplexere Choreografie machen „Onegin“ zu einem der zentralen Werke der neueren Ballettliteratur. In Essen ist viel davon zu sehen, auch wenn noch ein bisschen zur Perfektion fehlt.

Essen, 17/11/2018

Lange nicht so umfangreich aber mindestens genauso vielschichtig in der Zeichnung der russischen Adelsgesellschaft und ihrer menschlichen Charaktere wie Leo Tolstois Klassiker „Anna Karenina“ oder „Krieg und Frieden“ ist Alexander Puschkins 1833 veröffentlichter Versroman „Eugen Onegin“, der John Cranko als Vorlage für sein Ballett „Onegin“ (1965/67) diente. Olga (Yusleimy Herrera León) liebt ihren Verlobten Lenski (Denis Untila) und verbringt mit ihm fröhliche Stunden auf dem Land. Verträumt in ihr Buch vertieft ist auch ihre Schwester Tatjana (Maria Lucia Segalin) Teil der Landgesellschaft, auf der die jungen Mädchen und ihre Begleiter fröhlich lachen und tanzen. Pastellfarben sind Bühne und Kostüme, verträumt und idyllisch wirkt die Szene. Umso größer ist der Kontrast, wenn ganz in Schwarz Onegin (Artem Sorochan) durchs Gartentor tritt. Tatjana verliebt sich auf der Stelle in diesen geheimnisvollen und leider auch arroganten Mann und das Drama nimmt seinen Lauf.

Schön arrangiert sind die Gruppenszenen in diesem ersten Bild, sauber getanzt die folkloristisch angelehnten Einlagen der Gartengesellschaft. Auch Olga und Lenski harmonieren in ihrem ersten Pas de deux und zeigen ihr tanztechnisches Können. Korrekt und sauber ausgeführt ist das Alles, leider etwas zu sauber und akkurat. Crankos Choreografien zählen sicherlich zu den anspruchsvollsten Werken, verlangen sie doch hohes technisches Können in Kombination mit ausgeprägten darstellerischen Fähigkeiten. Er legt die Vielschichtigkeit menschlicher Beziehungen und die psychologische Entwicklung der Charaktere in die Bewegung und ganz besonders in seine Pas de deux. Die Choreograf

Lange nicht so umfangreich aber mindestens genauso vielschichtig in der Zeichnung der russischen Adelsgesellschaft und ihrer menschlichen Charaktere wie Leo Tolstois Klassiker „Anna Karenina“ oder „Krieg und Frieden“ ist Alexander Puschkins 1833 veröffentlichter Versroman „Eugen Onegin“, der John Cranko als Vorlage für sein Ballett „Onegin“ (1965/67) diente. Olga (Yusleimy Herrera León) liebt ihren Verlobten Lenski (Denis Untila) und verbringt mit ihm fröhliche Stunden auf dem Land. Verträumt in ihr Buch vertieft, ist auch ihre Schwester Tatjana (Maria Lucia Segalin) Teil der Landgesellschaft, auf der die jungen Mädchen und ihre Begleiter fröhlich lachen und tanzen. Pastellfarben sind Bühne und Kostüme, verträumt und idyllisch wirkt die Szene. Umso größer ist der Kontrast, wenn ganz in Schwarz Onegin (Artem Sorochan) durchs Gartentor tritt. Tatjana verliebt sich auf der Stelle in diesen geheimnisvollen und leider auch arroganten Mann und das Drama nimmt seinen Lauf.

Schön arrangiert sind die Gruppenszenen in diesem ersten Bild, sauber getanzt die folkloristisch angelehnten Einlagen der Gartengesellschaft. Auch Olga und Lenski harmonieren in ihrem ersten Pas de deux und zeigen ihr tanztechnisches Können. Korrekt und sauber ausgeführt ist das alles, leider etwas zu sauber und akkurat. Crankos Choreografien zählen sicherlich zu den anspruchsvollsten Werken, verlangen sie doch hohes technisches Können in Kombination mit ausgeprägten darstellerischen Fähigkeiten. Er legt die Vielschichtigkeit menschlicher Beziehungen und die psychologische Entwicklung der Charaktere in die Bewegung und ganz besonders in seine Pas de deux. Die Choreografie wird zur Charakterstudie, zur inneren Handlung. Dafür braucht es eine gewisse Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit in der Ausführung, die bei einer zu großen Konzentration auf die Technik in den Hintergrund treten kann.

Alleine in ihrem Schlafzimmer und vertieft in ihre Schwärmerei für Onegin blüht Maria Lucia Segalin als Tatjana auf. Ihre Sehnsucht, ihre jugendliche Schwärmerei, aber auch die Ahnung eines unguten Ausgangs kämpfen in ihr. Hin und her gerissen zwischen mutiger Liebesäußerung und schamhafter Zurückhaltung werden ihre Bewegungen ausladender, ziehen sich zurück und zeigen ihre inneren Kämpfe. Leider wird sie dabei von ihrem Partner Artem Sorochan als Onegin nur wenig unterstützt; zu sehr an der Oberfläche bleibt seine Darstellung. Finden sie sich in diesem ersten erträumten Liebesduett noch immer wieder zusammen, wird der Abstand in den folgenden Szenen des Wiedersehens, wenn Tatjana zu einer erwachsenen, eleganten und selbstbewussten Fürstin Gremlin geworden ist und Onegin an seiner zu spät erkannten Liebe zu Tatjana verzweifelt, immer größer.

Wird es komödiantischer, scheint das Ensemble dagegen in seinem Element zu sein. Wunderbar gelungen ist die Darstellung der alten, gebeugten und zitternden Herren zu Beginn des 2. Aktes, die mit der jugendlichen Leichtigkeit der Corps de ballet-Tänze auf dem Ball einen schönen Kontrast bildet. Auch Yusleimy Herrera León als Olga blüht auf und ist am Ende der Szene sichtlich erstarrt über das bald stattfindende Duell zwischen ihrem Verlobten und Onegin. Dabei ist León vor allem bei den schnellen Schritten überzeugend, während Untila seine Sprünge kraftvoll ausführt. In den Pas de deux wirkt jedoch auch dieses Paar zu sehr auf die Technik konzentriert.

Die Essener Philharmoniker unter der musikalischen Leitung von Johannes Witt arbeiten nach ein paar Anlaufschwierigkeiten die Höhen und Tiefen in Kurt-Heinz Stolzes Arrangement von Peter I. Tschaikowskys Musik schön heraus, bestechen vor allem in den solistischen Passagen und entführen klanglich in das Russland des 19. Jahrhunderts. Auch das Bühnenbild und die Kostüme (Thomas Mika) geben der Inszenierung einen Rahmen, der sich der Choreografie nicht aufdrängt und doch vielsagend ist.

Das Essener Publikum kann sich freuen, dieses choreografische Juwel nun auf seiner Bühne zu haben. Und der jungen Kompanie des Aalto Theaters ist Respekt zu zollen für die Intensität, mit der sie sich auf dieses Werk einlässt und das ihr viel Potential zur tänzerischen und darstellerischen Entwicklung bietet.

 

ie wird zur Charakterstudie, zur inneren Handlung. Dafür braucht es eine gewisse Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit in der Ausführung, die bei einer zu großen Konzentration auf die Technik in den Hintergrund treten kann.

Alleine in ihrem Schlafzimmer und vertieft in ihre Schwärmerei für Onegin blüht Maria Lucia Segalin als Tatjana auf. Ihre Sehnsucht, ihre jugendliche Schwärmerei, aber auch die Ahnung eines unguten Ausgangs kämpfen in ihr. Hin und her gerissen zwischen mutiger Liebesäußerung und schamhafter Zurückhaltung werden ihre Bewegungen ausladender, ziehen sich zurück und zeigen ihre inneren Kämpfe. Leider wird sie dabei von ihrem Partner Artem Sorochan als Onegin nur wenig unterstützt, zu sehr an der Oberfläche bleibt seine Darstellung. Finden sie sich in diesem ersten erträumten Liebesduett noch immer wieder zusammen, wird der Abstand in den folgenden Szenen des Wiedersehens, wenn Tatjana zu einer erwachsenen, eleganten und selbstbewussten Fürstin Gremlin geworden ist und Onegin an seiner zu spät erkannten Liebe zu Tatjana verzweifelt, immer größer.

Wird es komödiantischer scheint das Ensemble dagegen in seinem Element zu sein. Wunderbar gelungen ist die Darstellung der alten, gebeugten und zitternden Herren zu Beginn des 2. Aktes, die mit der jugendlichen Leichtigkeit der Corps de ballet-Tänze auf dem Ball einen schönen Kontrast bildet. Auch Yusleimy Herrera León als Olga blüht auf und ist am Ende der Szene sichtlich erstarrt über das bald stattfindende Duell zwischen ihrem Verlobten und Onegin. Dabei ist León vor allem bei den schnellen Schritten überzeugend, während Untila seine Sprünge kraftvoll ausführt. In den Pas de deux wirkt jedoch auch dieses Paar zu sehr auf die Technik konzentriert.

Die Essener Philharmoniker unter der musikalischen Leitung von Johannes Witt arbeiten nach ein paar Anlaufschwierigkeiten die Höhen und Tiefen in Kurt-Heinz Stolzes Arrangement von Peter I. Tschaikowskys Musik schön heraus, bestechen vor allem in den solistischen Passagen und entführen klanglich in das Russland des 19. Jahrhunderts. Auch das Bühnenbild und die Kostüme (Thomas Mika) geben der Inszenierung einen Rahmen, der sich der Choreografie nicht aufdrängt und doch vielsagend ist.

Das Essener Publikum kann sich freuen, dieses choreografische Juwel nun auf seiner Bühne zu haben. Und der jungen Kompanie des Aalto Theaters ist Respekt zu zollen für die Intensität, mit der sie sich auf dieses Werk einlässt, und das ihr viel Potential zur tänzerischen und darstellerischen Entwicklung bietet.

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