„Mosaik“ von Loughlan Prior 

Bestleistung

Die Palucca Hochschule für Tanz Dresden zeigt in der Semperoper ihre beste Leistungsschau seit Jahren

Mit Choreografien von William Forsythe, Angelika Forner, Orkan Dann, Rita Aozane Bilibio, Ohad Naharin, Katharina Christl, James Potter und Loughlan Prior.

Dresden, 01/06/2018

Qualität kann verwöhnen. So verhält es sich mit der jährlichen Leistungsschau der Palucca Hochschule für Tanz Dresden. Seit Jahren kann man kontinuierlich sagen: Die haben ihre Hausaufgaben gemacht. Da fällt es nicht leicht überrascht zu werden. Was die Studierenden allerdings in diesem Jahr dargeboten haben, übertrifft alles bisher Bewiesene um Längen.

Wie schon im vergangenen Jahr wurde der Abend in der Semperoper mit Forsythes „The Second Detail“ eröffnet. Damals zeigte sich, dass es nicht ganz einfach ist, einen mehrteiligen Abend mit einem derart starken, modernen Klassiker zu beginnen. Dramaturgisch haben es alle darauf folgenden Arbeiten schwer mitzuhalten. Nicht so an diesem Abend. Zwar zeigte sich, dass die Studierenden im 3. Jahr des Bachelorstudiengangs Tanz, noch nicht ganz angekommen sind, aber darum geht es ja. Teilweise könnte ein bisschen mehr Attitüde und Selbstbewusstsein für mehr Körperspannung sorgen. Doch nachdem sich alle 'warm getanzt' hatten durfte sich das Publikum zurücklehnen und mit Genuss verfolgen, wie souverän alle Beteiligten diese komplexe Choreografie meisterten.

Nicht weniger souverän, nur eben auf ganz andere Weise, agierte die Orientierungsklasse 2. „Im richtigen Moment“, choreografiert und einstudiert von Angelika Forner, wurde nicht nur dem Leistungsniveau der jungen Tänzer*innen gerecht; die Arbeit war auch altersgerecht ausgerichtet. Diese Tänzer*innen sind eben keine kleinen Kinder mehr. Sie orientieren sich. Und genau dafür wurde ihnen der nötige Raum gegeben. Hier war einfach nichts verkopft. Durch viele Momente mit starker Gruppendynamik war das Zusammenspiel aller von besonderer Bedeutung. Und am Ende hat sogar die Applausordnung Spaß gebracht.

Da war längst vergessen wie stark Forsythe gewirkt hatte. Ebenbürtigkeit ist hier der nötige Begriff. Und auf diesem Niveau ging der Abend weiter. Es folgte ein konfliktfreies, ausgewogenes und trotzdem flirrendes „Equilibrium“ von Orkan Dann, das sich vor allem klassischer Elemente bediente. Dieser Ansatz wurde quasi aufgelockert durch Rita Aozane Bilibios „Emovere“, das stärker in den Contemporary-Bereich ging. Ohad Naharins „Echad Mi Yodea“, immer wieder gern für solche Leistungsschauen genutzt, setzte einen weiteren Punkt in der Dramaturgie des Abends.

Genauso wichtig wie die einzelnen Arbeiten ist in jedem Jahr die Übergabe der Stipendien. Ein Deutschlandstipendium der Dresdner Stiftung Kunst & Kultur der Ostsächsischen Sparkasse Dresden ging jeweils an die beiden Tänzer Vid Vugrinec und Niklas Jendrics. Letzterer hatte es im vergangenen Jahr sogar bis in die Finalausscheidungen des Prix de Lausanne geschafft. Jasmin Arndt aus der Nachwuchsförderklasse 3 erhielt zum zweiten Mal das Deutschlandstipendium Talentschmiede e.V. Der DAAD-Preis ging an den Choreografen Massimo Gerardi, der sich in Dresden bereits einen Namen gemacht hat. Aktuell ist er Student im Masterstudiengang Tanzpädagogik.

Katharina Christl setzte den Abend mit ihrer Arbeit „Temporary“ fort, in der sie die Tänzer*innen der Nachwuchsförderklasse 4 in einer sinistren Atmosphäre in den Lichtgassen agieren ließ. Eine Art komplexe Leere lieferte James Potter in „The Door“. Hier agierten zwei Tänzerinnen und zwei Tänzer in einer Atmosphäre und auf einer Weise miteinander, die im Bewegungsvokabular an Forsythes „Quintett“ erinnern. Die Kongenialität im Ausdruck dieser vier Tänzer*innen war derart verblüffend, dass eigentlich klar sein musste, dass dem nichts Gleichrangiges mehr folgen konnte. Welch Irrtum. Loughlan Prior zeigte mit „Mosaik“ eine schwerwiegende Sinnlichkeit, die sich immer mehr aus starken Ensembleszenen entwickelte. Am Ende wird eine Tänzerin von der Gruppe unvermittelt nach oben katapultiert, und genau in dem Moment, an dem sie ihren höchsten Punkt erreicht hat: BLACK. Sensationell. Anders kann man das nicht sagen.

An diesem Abend hat einfach alles gepasst. Jede einzelne Choreografie war von ausgesuchter Qualität, sodass alle Tänzer*innen und somit auch alle Stilrichtungen und Altersklassen gleichwertig nebeneinander bestehen konnten. Das hat der Dramaturgie des Abends sehr gut getan. Besonders auffällig war auch die Angemessenheit der Choreografien hinsichtlich der einzelnen Leistungsniveaus. Hier schienen sich alle Tänzer*innen mit den Arbeiten identifizieren zu können. Was sie damit gezeigt haben, war mit Abstand die beste Leistung seit Jahren.

 

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