Gert Weigelt. Autopsie in Schwarz/Weiß

Fragen an Gert Weigelt zur Ausstellung im Tanzarchiv Köln

Gert Weigelts Arbeiten in Schwarz/Weiß - entstanden aus der Zusammenarbeit mit TänzerInnen im Studio - sind Ausdruck eines ästhetischen Anspruchs, der sich anschickt, Körperlichkeit und Tanz mit der Kamera aus analytischer Perspektive zu sehen und zu zeigen.

Köln, 21/03/2018

Gert Weigelt, das Tanzarchiv in Köln eröffnet in wenigen Tagen eine Ausstellung mit Fotos von dir. Wie kam es zur Entscheidung, Studioaufnahmen und keine Bühnenfotos auszustellen?

Gert Weigelt: Ich finde, dass meine Körper- und Porträtinszenierungen in der öffentlichen Wahrnehmung über die Jahre zu kurz gekommen sind. Außerdem bilden sie einen überschaubaren Arbeitskomplex, während meine Bühnenfotografie dem gegenüber geradezu ausufernd ist. Ich täte mich sehr schwer, aus diesem Archiv eine „Querbeet-Ausstellung“ herauszufiltern. Wenn Tanzfotografie, dann müsste sie auf einen Choreografen oder eine Choreografin beschränkt sein. Zum Beispiel liegt eine Pina-Bausch-Ausstellung (ABSOLUT PINA) „auf Halde“. Sie kann jederzeit reanimiert werden.

Was passiert im Studio zwischen Fotograf und Modell? Kannst Du das beschreiben?

Gert Weigelt: Ich gehe ja immer gut vorbereitet in solch eine Fotosession. Länger als ungefähr drei Stunden lässt sich die Konzentration nicht aufrecht erhalten. Mit TänzerInnen zu arbeiten, ist immer reine Freude und ein großes Privileg. Sie kapieren sofort, was ich will und treten mal Probleme auf, so denken sie mit und bieten Lösungen an.

Du warst selbst langjähriger Tänzer, bevor Du Fotografie studiert hast. Welche Rolle spielt bei Dir, dass Du beide Rollen kennst bzw. gelebt hast?

Gert Weigelt: Als ehemaliger Tänzer weiß ich einfach, wie Tänzer ticken und weiß, was ich ihnen zumuten kann und was nicht.

Hast Du Lieblingsmodelle? TänzerInnen mit denen man besonders gut im Studio arbeiten kann? Lieblingsfotos, die den „Weigelt“ in besonderer Art und Weise ausmachen?

Gert Weigelt: Generell ziehe ich Körper mit einem ausgeprägten Muskeltonus vor. Bei Tänzerinnen kommt das nicht so oft vor wie bei Tänzern. Nadja Saidakova war für viele meiner Inszenierungen eine Idealbesetzung. Mit ihr habe ich auch einige meiner Kurzfilme gedreht. Leider ist sie dann von Düsseldorf nach Berlin gewechselt.

Wer waren oder sind Deine Vorbilder aus der Bildenden Kunst, vor allem aus der Fotografie?

Gert Weigelt: Für die Fotografie ist das leicht zu beantworten: Irving Penn, Richard Avedon und Helmut Newton. Ganz früh habe ich auch Guy Bourdin für mich entdeckt. Ungerechterweise ist er nicht so bekannt wie die anderen. Bourdin ist ein Meister der Inszenierung und der Farben. Bei den Bildenden Künstlern liebe ich Sigmar Polke wegen seines schalkhaften Humors und Max Beckmann, um nur mal zwei zu nennen.

Wirst Du die Studioinszenierungen fortsetzen?

Gert Weigelt: Nein, das ist wohl eine abgeschlossene Phase. Nicht zuletzt erzwungen, da ich seit einiger Zeit kein Atelier mehr habe. Einmal pro Jahr kreiere ich eine Bildstrecke für das Ballett am Rhein. Die mache ich dann mit Tänzern der Kompanie meist in einem der Ballettsäle.

Würdest Du heute genauso inszenieren oder haben sich die Gesellschaft, die Ästhetik, die aktuellen Diskurse so gewandelt, dass Du andere Blickwinkel oder Szenarien wählen würdest?

Gert Weigelt: Schwer zu beantworten. Aber wahrscheinlich würde ich mich dem Zeitgeist eher nicht anwanzen und lieber das Etikett eines „Gestrigen“ tragen. Mit den fotografischen Trends, die heutzutage die Magazine füllen, kann ich mich nur schwer anfreunden. Ich sehe keinen Sinn darin, handwerklich schlampige Fotografie als Innovation auszugeben.

Was tanznetz-Leser besonders interessieren wird: Können sie in Köln auch die Originale einiger Exponate aus dem beliebten weigelt weekly sehen?

Gert Weigelt: Auf jeden Fall wird es dort ein Wiedersehen mit dem einen oder anderen Motiv aus weigelt-weekly geben.



GERT WEIGELT. AUTOPSIE IN SCHWARZ/WEISS. 24. März 2018 bis 27. Januar 2019 im Tanzarchiv Köln. Tanzmuseum des Deutschen Tanzarchivs Köln, Im Mediapark 7 (3.OG), 50670 Köln. Tel.: (0221) 888 95 -400 oder -444 (Ausstellungskasse), E-Mail: tanzarchiv( at )sk-kultur.de, www.deutsches-tanzarchiv.de

 

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