„Infinite Games“ von Jonas Frey und Joseph Simon
„Infinite Games“ von Jonas Frey und Joseph Simon

Ganz ohne Gewinner und Verlierer

„Infinite Games“ von Jonas Frey und Joseph Simon in der Hebelhalle in Heidelberg

Als Teil des 720-Stunden-Projektes, initiiert vom Heidelberger UnterwegsTheater, ist das Stück ein Herzblut-Projekt, das festgeschriebene Regeln spielerisch aushebelt.

Heidelberg, 18/09/2017

Sie kennen sich gut, die beiden. Jonas Frey und Joseph Simon sind professionelle Tänzer, kommen von derselben Schule (ArtEZ School of Dance in Arnheim), sind in HipHop und Urban Dance verwurzelt, tanzen in unterschiedlichen Kompanien und arbeiten gern mit Jugendlichen. Jonas Frey lebt in Heidelberg, Joseph Simon in Rotterdam, aber der künstlerische Dialog zwischen ihnen ist nie abgerissen. Ihr Stück „Infinite Games“ stellt ganz offensichtlich ein persönliches Herzblut-Projekt dar.

Das Leben, ein Spiel – dieser Gedanke hat schon viele philosophische Wendungen erfahren, bis hin zum Kultbuch „Finite and Infinite Games“ von James Carse; ein Exemplar fliegt am Ende des Stücks demonstrativ auf die Bühne. Eine der Grundforderungen in diesem Buch ist es, das Leben nicht nach festgeschriebenen Regeln, sondern mit diesen Regeln selbst zu spielen. Jonas Frey und Joseph Simon machen vor, wie das geht: Ihre anfangs synchronen Bewegungsabläufe verändern sich in einen Bewegungsdialog, der immer wieder neuen, aus der Situation entstehenden Regeln folgt.

Da fordert einer den anderen heraus, gibt ihm regelrechte Bewegungsaufgaben vor, und wenn es genug ist, darf auch mal Pause gemacht werden. Faszinierend ist es, zu sehen, wie der intensive Kontakt zwischen diesen beiden Tänzern nie abreißt. Dabei sind sie sich ganz unähnlich in den Proportionen – selbst wenn sie synchron oder spiegelbildlich tanzen oder einer den anderen nachahmt, werden die Unterschiede mindestens so offensichtlich wie die Gemeinsamkeiten. Allmählich verändern sie ihre gemeinsamen Spielregeln so, dass jeder das Seine und nicht mehr das Gleiche tanzt – eine Struktur, die zugleich bestens zum Hiphop passt. Auch das Publikum wird irgendwann eingeladen, die festen Regeln – hier Zuschauer auf den Sitzplätzen, dort Akteure auf der Bühne – zu verlassen und selbst den Tanzboden zu betreten.

„Infinite Games“ ist Teil des 720-Stunden-Projektes, initiiert vom Heidelberger UnterwegsTheater. Vom 8. September bis zum 7. Oktober verwandelt sich die Hebelhalle in ein TanzLokal, eine Plattform für die freie Tanzszene in der Neckarstadt und die gesamte Region. Bernhard Fauser und Jai Gonzales öffnen während dieser Zeit ihre großzügigen Räume nicht nur für Aufführungen, sondern erst einmal für Produktionen. Dabei zeigt sich einmal mehr, wie lebhaft und gut vernetzt die regionale Tanzszene ist.

Im Projekt: „TextUS I: Spellbound“ der Heidelberger Choreografin Catherine Guerin wirken nicht nur der Heidelberger Bewegungschor, die Theaterakademie Mannheim und die Theaterwerkstatt Heidelberg mit, sondern mit Michelle Cheung und Luis Sayago auch ehemalige Mitglieder des Kevin O’Day Balletts sowie die Heidelberger Tänzerin Elisabeth Kaul und einmal mehr Jonas Frey. Weitere Projekte schließen Liakpoyloys „Nostos Tanztheater“ ein oder die Zusammenarbeit von Paolo Amerio, ehemaligem Mitglied in Nanine Linnings Dance Company mit Uschy Szott vom Haus der Jugend. Sie arbeiten mit 40 Jugendlichen an „Breakdance meets Gershwin“.

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