„Lux Tenebris“ von Rafael Bonachela

„Lux Tenebris“ von Rafael Bonachela

Kaltes Licht und warme Dunkelheit

Die Dresden Frankfurt Dance Company zeigt Stücke von Forsythe und Bonachela

„Lux Tenebris“, das neue Stück von Bonachela erforscht Licht und Dunkelheit und Forsythes „One Flat Thing, Reproduced“ kommt gewohnt perfekt daher.

Frankfurt, 09/09/2016

Jacopo Godani hat bislang konsequent versucht, aus dem übermächtigen Schatten seines Vorgängers William Forsythe herauszutreten - nicht nur mit der Namensgebung der Kompanie (die nun recht nüchtern Dresden Frankfurt Dance Company heißt), sondern auch mit einem konsequenten eigenen künstlerischen Fingerabdruck. Zur Spielzeiteröffnung gibt es nun einen Tanzabend ohne choreografischen Eigenbeitrag, dafür mit einer Hommage an seinen Mentor und einem ganz neuen Stück von Rafael Bonachela, dem Leiter der Sydney Dance Company. Godani ist sogar in die Koproduktion mit eingestiegen, das heißt, er hat sozusagen die Katze im Sack gekauft. Die Europapremiere des Stücks „Lux Tenebris“ im Bockenheimer Depot stellte unter Beweis: Es ist eine schöne Katze. Und die jungen TänzerInnen der Kompanie demonstrierten entsprechende geschmeidige Fähigkeiten.

Bei der 40-minütigen Erforschung von Licht und Dunkelheit hatte der aus Spanien stammende Choreograf tatkräftige Unterstützung von Lichtdesigner Benjamin Cisterne. Der ließ das Bühnenlicht effektvoll anwachsen: vom kurzen Aufblitzen einzelner tief herunterhängender Glühbirnen bis zum Ausleuchten von Feldern, Korridoren und raffinierten Mustern; am Ende sorgen Lichtstäbe am hinteren Bühnenrand für raffiniert blendendes Zwielicht. Unterdessen stellte Bonachela die Frage, was in der Dunkelheit passiert. Anders, als es der Stil übergreifende Musikmix von Nick Wales glauben machen will, geht es für ihn dabei durchweg harmonisch zu zwischen den siebzehn Darstellern: Sie winden sich in faszinierenden Körperknäulen, begegnen sich zu zweit in bewegenden Duos mit überraschenden Bewegungseinfällen, setzen sich einzeln gekonnt in Szene oder leiten die Energie durch die gesamte Gruppe. Das fängt stark und spannend an und mäandert ins schöne Ungefähre. Etwas mehr Spannung in jeder Hinsicht hätte dem eingängigen, attraktiven Stück gut getan.

Wenn jemand einen Spannungsbogen perfekt konstruieren kann – oder konnte, muss man wohl mit Bedauern schreiben – dann ist es William Forsythe. Sechzehn Metalltische, sechzehn TänzerInnen, sechzehn Minuten: Daraus entwickelte der Mann, der den Tanz in Frankfurt jahrzehntelang prägte, eines seiner ausgefeilten Kabinettstückchen, längst losgelöst aus seinem ursprünglichen Zusammenhang als Teil der abendfüllenden Choreografie „Die Befragung des Robert Scott“. Geblieben ist diesem zackigen Bewegungsfeuerwerk die einstige antarktische Kühle, die alle Emotionen zugunsten der Präzision im artifiziellen Bewegungsraum ausgeschaltet hat. Vor sechzehn Jahren erlebte „One Flat Thing, Reproduced“ genau am selben Ort seine Premiere. Vielleicht waren die Metalltische einfach noch da? Der Gedanke hätte irgendwie etwas Tröstliches...

 

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