„Sibylle“ von Berlinde de Bruyckere und Romeo Runa

„Sibylle“ von Berlinde de Bruyckere und Romeo Runa

Existentialismus pur

Berlinde de Bruyckere und Romeo Runa mit „Sibylle“ bei Impulstanz

Aus Überheblichkeit war Sibylle mit tausendjährigem Leben ohne währende Jugend beschieden worden. Diesen Konservierungsgedanken stellen die belgische Künstlerin und der portugiesische Tänzer mit dem nackten Körper inmitten eines Salzkraters dar.

Wien, 15/08/2016

Eine Sibylle hatte aus Überheblichkeit den Handel mit Gott brechen wollen und war mit tausendjährigem Leben ohne währende Jugend beschieden worden. So zerbrach ein Existenzwille am Bestand des Lebens selbst.

Die belgische Künstlerin Berlinde de Bruyckere und der portugiesische Tänzer Romeo Runal stellen mit ihrer gemeinsamen Arbeit "Sibylle" diesen Konservierungsgedanken explizit mit dem nackten Körper inmitten eines Salzkraters dar. Runa, zuerst unbeweglich, scheint allmählich aufbegehren zu wollen, wenn sein Schulterblatt unter der angreifbaren Haut zu kurbeln beginnt. Er kriecht, zuckt und schlängelt sich in fühlbarer Ewigkeit von einer embryonalen Haltung hin zu spitzen, aufstrebenden Gliederregungen. Die Augen unmerklich geöffnet wie ein flugunfähiger, zur infantilen Sinnesbeschränkung verdammter Greis begibt sich Runa in tänzerische Welten des Butoh. Man spürt wie die Salzoberflächen den bloßen Körper angreifen, die Haut rötet sich und trocknet aus. Der Tänzer scheint als Geist gefangen, hilflos ausgeliefert ist sein Körper. So arbeitet sich das Konzept der beiden Künstler, entsprechend der ausdrücklich existentialistischen Ausstellung von de Bruyckere in den anschließenden Räumen des Leopold-Museums, an den Pathosgewichten von transzendenter Sehnsucht und Leiden am Leib ab. Diese Unmissverständlichkeit der Aussage und der geschaffenen Bilder mag dem Einen einen tiefen Andachtsmoment verleihen und dem Anderen als zu demonstrative und schwärmerische Emphase für die Existenzfrage erscheinen. Zuletzt trägt die Darstellung jedenfalls, gerade durch die vom Tänzer in die Ausstellung getragene Salzspur, eine sehr ostentative Zeichensetzung.
 

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern