Raffinierte Vorspeisen - Hauptgänge folgen

Das Zürcher Ballett präsentiert den vierteiligen Ballettabend „Restless“

Spannende Kurzwerke von William Forsythe, Sol León/ Paul Lightfoot und Douglas Lee hat das Zürcher Ballett zur Premiere gebracht, dazu eine Uraufführung von Filipe Portugal. Eine Art Appetizer zu zwei Abendfüllern, die demnächst in Zürich serviert werden.

Zürich, 22/12/2015

Das Ballett Zürich wird in der Spielzeit 2015/16 noch zwei gewichtige abendfüllende Werke präsentieren. Erstens im Februar „Schwanensee“ in der Choreografie von Alexei Ratmansky, vier Jahre lang Chef des Bolschoi-Balletts und heute Artist in Residence beim American Ballet Theatre. Zweitens im Mai eine Neufassung von „Der Sandmann“, einem Werk, das Ballettdirektor Christian Spuck vor neun Jahren in Stuttgart kreierte.

Zwei Abendfüller also. Im Gegensatz dazu brachten die beiden bisherigen Premieren der Spielzeit 15/16 („Restless“ im Dezember, „Gods and Dogs“ im September) lauter Kurzwerke. Sechs davon sind ‚eingekauft’ und laufen musikalisch vom Tonträger. Das siebte Stück ist eine Uraufführung, kreiert vom Zürcher Solotänzer Filipe Portugal. Er hat „Dialogos“ im Rahmen von „Restless“ zusammen mit der vierköpfigen Band „Mobile“ von Nik Bärtsch erarbeitet. Die Band spielt live auf der Bühne, mit Bärtsch am Klavier – ein höchst animierendes Gemeinschaftsprojekt.

Filipe Portugal setzt fast das ganze Ballettensemble in Bewegung, wobei die Höhepunkte bei sechs sehr emotionalen, fließenden und doch gut strukturierten Pas de Deux liegen. Die Paare setzen sich zusammen aus Mélissa Ligurgo und Wei Chen, Anna Khamzina und Jesse Fraser, Giulia Tonelli und Cristian Alex Asis, Juliette Brunner und Alexander Jones, Yen Han und Denis Vieira, Viktorina Kapitonova und Manuel Renard. Getanzt wird teilweise auf Spitze. Ein Augenschmaus.

„Dialogos“ besteht aus einem langsamen und einem etwas bewegteren Teil. Das Stück lässt den Tanzenden – und auch dem Publikum – Zeit zum Atmen. Im Gegensatz zu den humoristischen, technisch ungemein schwierigen Balletten „New Sleep“ von William Forsythe (Musik Thom Willems) und „Skew-Whiff“ von Sol León/ Paul Lightfoot (Musik Rossini), die einem in jedem Sinn den Atem rauben.

„New Sleep“ (1987) stammt noch aus Forsythes Zeit der Dekonstruktion des klassischen Balletts, wo die Tänzerinnen beispielsweise unvermittelt von den Spitzen kippen und davonlatschen. „Skew-Whiff“ (1996) enthält ebenfalls klassische Elemente, wobei sich die Körper der vier Tanzenden wie in einem Hohlspiegel derart verziehen und verrenken, dass es ein (komischer) Graus ist (mit Katja Wünsche, Matthew Knight, Daniel Mulligan, Surimu Fukushi). Kaum nachvollziehbar, wie sich die Tänzerinnen und Tänzer in den Stücken von Forsythe und León/ Lightfoot die Abläufe merken können, zumal sich diese meist in rasendem Tempo vollziehen. Als hätte sie ein Computer programmiert!

Physisch sehr anspruchsvoll ist auch das vierte Stück des Programms, der Pas de Deux „Aria“ von Douglas Lee (2012). Man kann nur staunen über die Kraft und Vielseitigkeit des Zürcher Balletts, das sich bei „Restless“ so kurz nacheinander den Stil vier verschiedener Choreografen ‚einverleiben’ musste. Gleiches gilt für die Premiere vom vergangenen September mit den drei Stücken „In the Middle, Somewhat Elevated“ (1987) von Forsythe, dem vergagten „Minus 16“ von Ohad Naharin (1999) und, besonders eindrücklich, für „Gods and Dogs“ (2008) von Jiri Kylian. Sein Ballett gab der Trilogie auch den Sammeltitel.

So bestimmten bis jetzt tänzerische Kleinformate den Premierenspielplan 15/16 des Balletts Zürich. Eine Art Vorspeisenteller in Erwartung zweier Hauptgänge. Wobei im Restaurant die Vorspeisen oft so gut schmecken wie das Hauptmenü.

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