„Albert“  von Felix Landerer

„Albert“ von Felix Landerer

Zum Abschluss von Tanztheater International

„Made in Bangladesh“ von Helena Waldmann und ein ‚Made in Hannover‛: „Albert“ von Felix Landerer

Das Festival Tanztheater International ist am Sonntag zu Ende gegangen.

Hannover, 15/09/2015

Mit 92 Prozent Platzauslastung ist das 30. Festival Tanztheater International am Sonntag zu Ende gegangen. Die bereits viel gezeigte Produktion „Made in Bangladesh“ von Helena Waldmann bekräftigte dabei das hohe Niveau, das das Festival in den verschiedenen zeitgenössischen Erscheinungsformen des Tanzes versammelt hatte. Waldmanns tadellose Recherche über ausbeuterische Produktionsbedingungen sowohl in der bengalischen Textilindustrie als auch bei indischen Tanzensembles überzeugte in ihrer exzellenten Verbindung aus Wort und Bewegungen.

An den Schluss hatte Festivalleiterin Christiane Winter noch eine Uraufführung aus der regionalen Szene gesetzt. Eine freundliche Geste, doch wirklich überzeugen konnte Felix Landerers „Albert“ nicht. Fast durchgehend trägt ein Tänzer die nicht uninteressante Erzählung über den unauffälligen Angestellten Albert vor, der eines Tages ausrastet. Weitere fünf Tänzer machen dazu Bewegungen, die so oder anders hätten aussehen können und wenig Erhellendes oder gar Deutendes zur Geschichte beitragen. Die zugeknöpften korrekten Kostüme entsprechen wohl Alberts Charakter, ebenso die filzbespannten Kisten, aus denen die Tänzer gedämpft Wege und Türme bilden. Sie alle scheinen phasenweise Albert zu sein, bilden eine Reihe im Gleichmaß, oder vertreten abwechselnd seine Eigenschaften, die aber nicht charakteristisch ausgedrückt werden. Stattdessen ziehen sie aus den Plastikhüllen der Wandbespannung Karten heraus, so dass entsprechende Worte und Sätze sichtbar werden.

Albert wurde früher als „Pussy“ gehänselt, seither gilt all sein Bestreben der Selbstbeherrschung. Aus dem Drang, nicht aufzufallen, erwächst allerdings gleichzeitig der Frust, nicht mal bemerkt zu werden. Keiner grüßt ihn im Fahrstuhl, nicht mal, wenn er stundenlang darin auf- und abfährt. Als sein unterdrücktes Selbst explodiert, trifft es den chinesischen Kollegen, den er bisher für sich angeblich scherzhaft Orang-Utan zu nennen pflegte. Ob es eine bewaffnete Amokattacke wird oder er ihn nur mit etwas Kaffee bekleckert, lässt der Erzähler offen. Auch Alberts Rebellion bleibt so eher bescheiden.

Die Tänzer wandeln mal über die Filzboxen, mal werden sie durch sie hindurchgezogen oder wie auf einen Thron gesetzt. Gedämpft, weich. Figuren auf dem Boden können durchaus exaltiert ausgreifen. Ein Tänzer mimt mit tiefen Tönen den Orang-Utan, albern. Eine andere ventiliert. Es fehlt an Gegenkräften, wollte man den Konflikt nach außen zeigen, aber auch an der choreografischen Zuspitzung, wenn es um die Binnenspannung ginge. Erst recht, wenn die tickende Zeitbombe Albert hochgeht. Landerer bleibt so brav und beherrscht wie Albert, die innere Spannung und Explosion werden nicht deutlich. So interessant einige solistische Bewegungsläufe sind, die Dramaturgie und Verknüpfung mit der Geschichte bleiben auf der filzgedämpften Strecke.

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