„Der kleine Prinz“ von Antoine Jully: Ensemble
„Der kleine Prinz“ von Antoine Jully: Ensemble

„Man sieht nur mit dem Herzen gut...“

„Der kleine Prinz“ von Antoine Jully beim Oldenburgischen Staatsballett

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für das Auge unsichtbar“, lautet ein bekannter Satz aus „Der kleine Prinz“. Mit einem zauberhaften Bilderreigen widmet sich das Oldenburgische Staatsballett der weltberühmten Erzählung von Antoine de Saint-Exupéry.

Oldenburg, 15/06/2015

Wenn „Der kleine Prinz“ heute auch zu den meistverkauften Büchern gehört, so waren die Kritiker ratlos, als die Erzählung 1943 veröffentlicht wurde: Für Erwachsene schien sie zu kindlich; für Kinder zu erwachsen. Immerhin stellt der Autor existentielle Fragen über Freundschaft und darüber hinaus über menschliches Verhalten und unser Dasein überhaupt. Letztendlich aber bietet die zuweilen fabelartige Bildhaftigkeit seiner Erzählung jeder Altersklasse einen Reiz und lädt ein, den Inhalt auf unterschiedlichen Ebenen zu begreifen.

Unter diesen Gesichtspunkten kann dieses moderne Märchen auch für ein Tanztheater eine Herausforderung sein. Poesie zu tanzen bereitet dem Oldenburgischen Staatsballett keine Schwierigkeit. Doch wie tanzt man philosophische Betrachtungen? Chefchoreograf Antoine Jully erzählt die Geschichte seines Landsmannes als Handlungsballett „für Kinder und alle, die im Herzen jung geblieben sind“, so das Programmheft.

Weiße Stellwände begrenzen den Spielraum, in dem der Pilot und der kleine Prinz sich begegnen. An der oberen Kante sind die Wände so eingeschnitten, dass das Schwarz der dahinter befindlichen Wände wie die Tastatur eines Klaviers erscheint. Hier erleben wir in der 40-minütigen Aufführung zur Musik von René Aubry, Joby Talbot, Zak Engel, Richard Kiley & Douglas Gamley all die kleinen Erlebnisse, die der kleine Prinz auf seiner Reise von Planet zu Planet machte, bis er in der Wüste auf den abgestürzten Piloten trifft.

Angefangen bei der schwierigen Beziehung zu seiner geliebten Rose, über die Begegnung mit dem König, dem Säufer oder dem Geschäftsmann, findet Jully für jede Episode eine interessante choreografische Idee, die durch die Kostümierung von Kevin Gamez deutlich und kindgerecht unterstützt wird. So tanzt beispielsweise Marié Shimada die Rose mit stricknadelähnlichen Sticks in den Händen, welche die Dornen der Rose andeuten. Die Schlange, welche dem kleinen Prinz zum Verhängnis wird, ist Nicol Omezzolli wie ein verführerisch langer Schal um die Schultern gelegt. Und der scheue wie neugierig-freche Fuchs von Jossia Clement kommt in einer Mischung aus Kostüm und Handpuppe daher.

Neben den Soli sind es auch die Gruppenchoreografien, in denen das junge Ensemble in schwarzer Kostümierung sein tänzerisches Können in einer überzeugenden Mischung aus Ballett und Modern beweist. Dabei wirkt Jullys Arbeit einmal wieder auf betörende Weise schlicht und vor allem keiner Mode unterworfen.

So poetisch, klar und abwechslungsreich der choreografische Bilderreigen ist, so bleibt er jedoch in seiner Aussagekraft, über das Bildhafte hinaus, sehr mager. Im Vergleich zu den bisherigen Arbeiten Jullys fehlt es der Choreografie an Tiefe, was möglicherweise auf Rücksicht auf das junge Publikum zurückzuführen ist. Doch werden die jungen Menschen da vielleicht mal wieder unterschätzt. Denn schließlich ist es doch gerade die vielschichtige Verständlichkeit, durch die sich „Der kleine Prinz“ für alle Altersstufen auszeichnet.

Am 16., 21., 23., 24. Juni in der Exerzierhalle des Oldenburgischen Staatstheaters

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