Spuren auf dem Boden und in der Seele
Ballettabend „Recycling II“ feiert am Oldenburgischen Staatstheater Premiere
„Mosaik in der Nacht/Jurassic Trip“ am Oldenburgischen Staatstheater
Man denkt an Zirkus, Varieté und Stummfilm beim ersten Teil des neuen Ballettabends „Mosaik in der Nacht“. Dabei gibt die Musik von Hugues Le Bars die Themenvielfalt vor. Mal muten die Klänge oder Melodien des französischen Musikers und Komponisten, der 2014 nach schwerer Krankheit im Alter von 64 Jahren verstarb, balkanisch an, mal afrikanisch, mal indisch, mal hört man Kinderstimmen oder Geräusche von Wasser. In Le Bars vielschichtigem Klanguniversum, das dadaistische Züge aufweist, taucht das achtköpfige Tanzensemble ein wie in eine traumgefüllte Nacht, in der alles immer wieder anders sein kann.
Und so erschaffen Choreografie und Ensemble zu dieser Musik eine überraschende Welt zwischen Traum und Realität. Da agieren Clowns zwischen Superhelden und verrückten Tieren, da tauchen indische Kathakalitänzer auf, da drehen Karussells, da wirbeln lachende Kinder herum und da werden Frauen in Burkas in einem Hamam heimlich beobachtet. Wie beim Blick durch ein Kaleidoskop entstehen auf der Bühne immer wieder neue assoziative Bilder und kleine Szenen aus Solos, Duos, Gruppenchoreografien – schnell und präzise, lebendig und wunderlich finden sie sich in großen und kleinen Gebilden und lösen sich wieder in nichts auf.
Bereits bei den beiden vorherigen Ballettabenden setzte Antoine Jully auf ein zweigeteiltes Programm. So geht es auch bei seiner dritten Uraufführung in Oldenburg nach der Pause mit etwas Neuem weiter: „Jurassic Trip“ nach der Musik von Guillaume Connesson knüpft musikalisch an Camille Saint-Saëns „Karneval der Tiere“ an. Die hier getanzten Bilder sind, wie bereits vor der Pause, traumhaft und wie aus fremden Welten, doch durch die Musik des 1970 geborenen, mehrfach ausgezeichneten französischen Komponisten sowie durch die imposanten Kostüme (Judith Adam) entsteht ein ganz neuer Eindruck.
In glänzend schwarzen, hautengen Anzügen und darüber getragenen Capes, die an Knochen, Wirbelsäulen, Kiemen erinnern, zeigen die Tänzerinnen und Tänzer Bewegungen von Kreaturen aller Art. Sie zeigen heutige oder jene längst vergangenen Zeiten. Zusammen mit diesen Wesen zieht das Publikum durch fremde Landschaften, Meere und Wälder. Dabei ist diese Welt nicht immer nur sanft und schön: Denn „Fressen und gefressen werden“ gehört zu dieser Welt dazu.
Choreograf und Kompanieleiter Antoine Jully räumt auch mit seinem dritten Programm seit Spielzeitbeginn 2014 mit Vorurteilen vom strengen und verstaubten Ballett auf. Sein junges Ensemble verspritzt eine unverbrauchte Energie mit Mut zu neuen Ideen und Formen. Frei und spielerisch wirkt die Kompanie in ihrem Ausdruck und macht so die Choreografien sehr lebendig. Dem Premierenpublikum scheint dies großen Spaß zu machen. Es bedankt sich für diesen Abend mit überschwänglichem Applaus.
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