Antoine Jullys Ballettabend „Die schönste aller Welten“ in Oldenburg - „Favorite Words“

Antoine Jullys Ballettabend „Die schönste aller Welten“ in Oldenburg - „Favorite Words“

Lieder der Welt

Antoine Jully: „Die schönste aller Welten“ am Staatstheater Oldenburg

Im zweiten Ballettabend stellt der französische Choreograf seine fabelhafte kleine Truppe ganz persönlich vor. Man glaubt dieser BallettCompagnie Oldenburg, dass die Bühne für sie - wie für Chopin die Metropole Paris - „Die schönste aller Welten“ ist.

Oldenburg, 21/02/2015

Worte und Klänge aus Frankreich, Italien, Kuba, Brasilien und Japan verschmelzen zu einem heiteren Potpourri. Weiße Capri-Hosen, hauchzarte Sommer-Kleider und lässige Tops, so bunt wie die Welt, unterstreichen die unbeschwerte Fröhlichkeit der neun charmanten Szenen von „Favourite Words“ – einer Auswahl von Liedern, Chansons und Texten aus den Heimatländern der fünf Tänzerinnen und vier Tänzer. Witz und Schabernack finden Ausdruck in Gestik und Mimik des sehr präsenten Ensembles. Oldenburgs französischer Chefchoreograf Jully, der auch für die Ausstattung verantwortlich zeichnet, bedient sich der Gebärdensprache und erfindet dazu allerlei ulkige Körperverknotungen, Spreizungen, Hebungen und Verfremdungen. Man staunt über das technische Repertoire und die Versiertheit der vorzüglich harmonierenden Kompanie. Wovon die Musik erzählt, lässt sich meist nur mutmaßen.

Mit einem koketten Pas de deux von Eleonora Fabrizi und Marco Russo Volpe beginnt der Reigen. Im Hintergrund „lustwandeln“ die anderen. Nicol Omezzolli tanzt danach in sehr apartem Kleidchen, wie selbstvergessen. Aus dem Off tauchen zwei mindestens drei Meter hohe Riesen in schwarzen Röcken auf. Marié Shimada beeindruckt mit weiten, raffinierten Sprüngen im folgenden Solo. Drei Gartenbänke – als Wippe, Rutschbahn und Turnbalken benutzt – unterstützen eine Gruppenszene. Jully selbst hat ein kleines Video gedreht, in dem die Tänzer nur als winzige Püppchen sichtbar sind. Seine kleine Weltreise endet, wenn alle aus dem „Oldenburg!“-Bus steigen. Gespreizte Zitterhände, Schattenspiele und ein uraltes Grammophon, aus dem Edith Piaf „Non, je ne regrette rien“ schmettert (ausgewählt von der Französin Marjorie Lenain), unterhalten bestens. Danach fasziniert auf Boris Vians rührendes Gedicht eines ratlosen Dichters „Einer mehr“ (Un de plus) Timothée Cuny mit einer Pantomime. Ein Pas deux des quirligen Lester René González Álvarez und der eleganten Eleonora Fabrizi mit Gruppe beendet die Vorstellung.

Auch wenn nicht nur diese letzte Nummer perfekt für vier Paare passt, ist‛s schade, dass ausgerechnet die lustige Französin Jossia Clement mit ihren wippenden Kringellöckchen in dieser Vorstellung des neuen Ensembles fehlte (nach langer Krankheit ohne Vorbereitung). Im ersten Teil fällt sie um so angenehmer auf.

Wider Erwarten abstrakt kommt auch der erste Teil des Abends über. Dabei beschäftigt sich Jully in „Ein Blick – ein Fenster“ mit der Beziehung Fréderic Chopins zu George Sand. Aber, wie er betont, gelingt ohnehin nur ein Blick wie durch ein Fenster auf die Persönlichkeit eines Menschen, erst recht auf die Beziehung zweier so unterschiedlicher Künstler wie der polnische Musiker und die französische Schriftstellerin waren.

In jedem Fall liefern die Walzer, Polonaisen, Préludes und Nocturnes eine vielschichtige Grundlage für diese Choreografie. Eisblau sind die einheitlichen ärmellosen weißen Raffmieder mit wellenförmigen Längsstreifen zu den knappen schwarzen Höschen für die Herren und in umgekehrter Farbstellung der Oberteile für die Damen. Das aber ist auch der Hauptunterschied. Denn jeder ist mal der Komponist, jeder mal die Diva. Konkrete Episoden oder Situationen sind nicht erkennbar. Wie komplex das Geflecht von Eigenschaften und Kontakten ist, verdeutlicht eine besonders raffinierte Szene mit sechs meterlangen Gummibändern, die in den Händen von Herick Moreira zusammenlaufen.

Man glaubt dieser BallettCompagnie Oldenburg, dass die Bühne für sie – wie für Chopin die Metropole Paris – „Die schönste aller Welten“ ist.

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