„Romeo und Julia“ von Ben Van Cauwenbergh. Tanz: Breno Bittencourt, Denis Untila und Yanelis Rodriguez

„Romeo und Julia“ von Ben Van Cauwenbergh. Tanz: Breno Bittencourt, Denis Untila und Yanelis Rodriguez

Tragische Liebe ohne Ecken und Kanten

Ben Van Cauwenberghs „Romeo und Julia“ in Essen

Essens Ballettdirektor wartet mit einigen gefälligen Details auf, und seine Kompanie bietet lupenreinen neoklassischen Tanz, der Kurzweil garantiert.

Essen, 02/11/2014

Ben Van Cauwenberghs „Romeo und Julia“ ist, wie erwartet, ein Ballett ohne Ecken und Kanten. Aber Essens Ballettdirektor wartet mit einigen durchaus gefälligen Details auf, und seine Kompanie bietet lupenreinen neoklassischen Tanz, der Kurzweil garantiert.

Anstelle des Prologs mit Pater Lorenzo und dem Liebespaar Romeo und Julia als Symbol für die Versöhnung der verfeindeten Veroneser Familien Montague und Capulet beginnt Van Cauwenberghs Inszenierung des Prokofjew-Balletts mit der Ouvertüre vor geschlossenem Vorhang. Auch dem zweiten Akt ist ein musikalisches Vorspiel vorangestellt. So unterstreicht der Choreograf die Bedeutung der Musik, die ja mit Fug und Recht wesentlich zum Erfolg dieser Version von Shakespeares Liebestragödie beiträgt. Bei der Premiere im Aalto-Musiktheater spielten die Essener Philharmoniker sie unter Yannis Pouspourikas vorzüglich.

Die Handlung ist deutlich gestrafft, das Personal reduziert. Im fliegenden Wechsel verwandelt Ausstatter Thomas Mika die Schauplätze dank weidlicher Nutzung von Dreh- und Schiebebühnen. Das wirkt oft recht elegant bis kunstgewerblich stilisiert: gleich zu Beginn der Marktplatz - ein rotierendes weißes Quadrat, auf dem die rivalisierenden Parteien einander gegenübertreten. Gelungen ist vor allem später der Wandel der Renaissance-Arkaden des Capulet-Palais' in einen antiken Totenhain mit Säulen. Lorenzos kreuzförmiger Altar rückt in die Ferne - fast ein filmischer Effekt. Störend ausführlich dagegen gleitet Julias Balkon wie suchend über die Bühne, dreht und wendet sich, bevor die passende Position gefunden ist.

Choreografisch macht von den Gruppenszenen die Ballszene - mit prachtvollen Kostümen! - in strenger Raumgliederung am meisten her. Während die „Roten“ und die „Blauen“ allzu wohlgeordnet in den beiden ersten Akten Feindschaft zelebrieren, tritt das Trio Romeo-Benvolio-Mercutio fast so brav auf wie die kleinen Schwäne. Originelle Akzente setzt Van Cauwenbergh vor allem in Soli und Duetten. Technisch makellos und ausdrucksstark tanzen Breno Bittencourt und Yanelis Rodriguez. Drastisch parodiert Adeline Pastor Julias Amme. Fast diabolisch kommt der Tybalt von Armen Hakobyan rüber. Nwarin Gad gibt den von Julia abgewiesenen Paris spröde elegant. Raffiniert verschmelzen die Körper von Benvolio (Viacheslav Tyutyukin) und des witzig-frechen Mercutio (Wataru Shimizu), dessen Todestanz später von den Freunden missverstanden wird: man hält ihn für Unterhaltung wie den Akt des Sprungakrobaten Stephen Kabath kurz vor der dramatischen Fechtszene. Das fatale Ausmaß seines gescheiterten Versuchs, die Familien zu versöhnen, betrauert schließlich - anstelle des üblichen Epilogs der Familien am Grabe der Kinder - Pater Lorenzo (Denis Untila). Nach betroffener Stille applaudierte das Premierenpublikum begeistert.
 

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