Volume II: Sebastian Matthias' „people looking at people looking at people“
Volume II: Sebastian Matthias' „people looking at people looking at people“

The performative space as a landscape of different kind

Sebastian Matthias' „people looking at people looking at people“ auf Kampnagel

Was bedeutet das Verhältnis von Praxis und Forschung? Bei Volume II erforscht das Graduiertenkolleg Versammlung und Teilhabe neue Formen der gemeinsamen Nutzung von Räumen. Darunter ist eine diskursive Installation von Sebastian Matthias.

Hamburg, 09/05/2014

Immer wenn wir einen Raum betreten, wird er erst durch diese unsere gemeinsame Nutzung konstituiert. Doch wie kann man die Ergebnisse dieser Nutzung kollektiv weiterverarbeiten? Den Raum, den wir hier auf Kampnagel in Hamburg betreten, ist ein Raum der Aushandlungen, der Ausstellung, der Partizipation und der Information, er ist frei zugänglich und ermöglicht ein selbstgewähltes Eintreten und Verlassen desselben. Man kann sich an den Tisch setzten und zuhören, sich um die kleinen Stationen der jeweilig am Projekt beteiligten Künstler herumbewegen, sich hinter den Wänden in etwas intimere Räume zurückziehen und die Ideen und unterschiedlichsten Auseinandersetzungen auf sich wirken lassen. Man ist Zuhörer*in und Zuschauer, aber auch Teilnehmer bei diesem ersten Treffen, das die Kollaborateure zu einer Untersuchung zur Partizipation in institutionalisierten Räumen vereint. Die Tänzerin Lisanne Goodhue heißt einen in der Installation „people looking at people looking at people“ willkommen.

In seinem neuen Projektansatz zu der Forschungs- und Performancereihe „groove space“, die von 2014-2017 in Berlin, Hamburg, Zürich, Freiburg, Düsseldorf und Frankfurt erarbeitet wird, beschäftigt sich der Choreograf Sebastian Matthias zusammen mit Nino Baumgartner (Performance), Eva Berendes (Raum), Tamer Fahri Özgönenc (Sound), Michael Wolters (Komposition) und Marcus Droß (Dramaturgie) weitergehend mit seinem Forschungsansatz der pluralistischen Kommunikation und Weitergabe von physischer Information in urbanen Räumen – mit dem Groove der Stadt.

Als künstlerisches Teilprojekt seiner künstlerischen-wissenschaftlichen Dissertation an einem der ersten Graduiertenkollegs künstlerisch-wissenschaftlicher Forschung, vertieft Sebastian Matthias damit seine Auseinandersetzungen mit dem Groove – als affektierende rhythmische Matrix. Dabei führt er in dieser kommenden Kollaboration, die transdisziplinäre Idee des Kollegs fort, um nicht in der Dichotomie zwischen Kunst und Wissenschaft verloren zu gehen. Die Versammlung als Forschungsexperiment und der Raum der Versammlung bietet für die Künstler Gelegenheit, einen Raum auf seine multiplen und kleineren Intimitätsräume hin zu untersuchen und die Potenzialität dieser intimeren Begegnungen auf die Ganzheit eines Raumes zu übertragen.

Was ist das Faszinierende an der Gleichzeitigkeit von Bewegung und Bewegungsqualität? Wie entsteht in einem Raum eine fast einheitliche Bewegungsfarbe? Die Faszination eines Beats und dessen profane Kurzweiligkeit, der durch ständiges Weitertreiben in einen andauernden Groove übergehen kann. Beispielhaft demonstrieren Sebastian Matthias und Lisanne Goodhue in einem Moment der Installation eine Überlappung von alltäglicher Gehbewegung und parallelem Ausbruch aus dieser Gehbewegung, die es ermöglicht, auf gewisse Weise demselben Modus zu folgen und trotzdem einen Sprung in die Zukunft zu wagen, eine Veränderung einzuleiten und dennoch den Flow einer Einheitlichkeit zu bewahren.

Gemeinsam versuchen die Kollaborateure aus den unterschiedlichen Bereichen – wie Eva Berendes aus der Bildenden Kunst, deren Objektkunstwerke sich zwischen Materialität, Form und der einer Form innewohnenden Geistigkeit und dessen realen Momentes bewegen, der Musik- und Klangestalter Tamer Fahri Özgönenc, der im Bereich experimentellen Musiktheaters forscht und unter anderem Dillon produziert, der Komponist Michael Wolters, welcher auch schon an Sebastian Matthias Stück Danserye beteiligt war und der Performancekünstler Nino Baumgartner, der in seinen Manövern existenzielle Grenzerfahrungen eingeht, um eine Lebenswirklichkeit zuzulassen – interdisziplinär den institutionalisierten Raum zu öffnen. In ihm eine Pluralität von Fokussen herzustellen und trotzdem eine Rückkehr zu einer kollektiven Ganzheitlichkeit zu ermöglichen und eine fruchtbare Begegnung zwischen Öffentlichkeit und Choreografie zu schaffen.

Die Frage die zu stellen bleibt, ist, ob es sich bei diesem Vorhaben, Handlungsmacht und Verantwortlichkeit, mit Kollektivität und Partizipation paaren zu wollen, um ein Paradoxon handeln könnte?

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