Stadt-Land-Bund: Initiative für den Tanz

Ein Gespräch mit Michael Freundt, dem Geschäftsführer des Dachverband Tanz Deutschland

Als nationaler Verbund von 18 Verbänden, Institutionen, Künstlergruppen und Einzelpersönlichkeiten für Tanz aller ästhetischen Ausprägungen und Produktionsweisen versucht der DTD die Forderungen der Tanzschaffenden gegenüber den politischen Entscheidungsträgern zu bündeln und zu moderieren.

Berlin, 06/05/2014

Als nationaler Verbund von 18 Verbänden, Institutionen, Künstlergruppen und Einzelpersönlichkeiten für Tanz aller ästhetischen Ausprägungen und Produktionsweisen versucht der DTD die Forderungen der Tanzschaffenden gegenüber den politischen Entscheidungsträgern zu bündeln und zu moderieren. Eine Tanzförderung des Bundes, wie sie im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, sollte auf den Bedarf der Länder und Kommunen reagieren. Erstmalig wird in der Bundesrepublik über ein langfristiges Tanz-Förderprogramm diskutiert. Noch ist offen, wie das Programm finanziell ausgestattet werden kann und wie Länder, Kommunen und Bund zusammenwirken.

Welche Bedingungen braucht der Tanz? Was verbirgt sich hinter der neuen Initiative eines bundesweiten Tanz-Förderprogramms?

Michael Freundt: Kommunen und Länder sind die größten Förderer der Kultur in Deutschland. Ein Förderprogramm des Bundes sollte immer auf die Bedürfnisse vor Ort reagieren und im Dialog mit der Kulturpolitik in Städten und Ländern Strukturen für den Tanz – Netzwerke, Produktionsbüros und Kompetenzzentren – stärken. Wie sind die Zuständigkeiten und vor allem, was können diese Strukturen leisten, um den hohen Stellenwert von Tanz in der Gesellschaft besser sichtbar zu machen? Wir diskutieren diese zentralen Fragen auf unserem Symposium „Tanz und Politik“ am 7. Mai mit Künstlern, Kulturpolitikern und Tanzexperten im Berliner Kunstquartier Bethanien. Im Vorfeld gab es in den letzten Monaten deutschlandweit intensive Gespräche sowohl mit Kommunalpolitikern als auch mit Landespolitikern. Am 6. Mai gibt es das erste Treffen von Vertretern der Kommunen, Länder-Ministerien und Mitgliedern des Deutschen Bundestages sowie Künstlerinnen und Künstlern in der Akademie der Künste. Moderiert vom Dachverband Tanz Deutschland wollen wir Vorschläge für ein „Tanzförderprogramm Stadt-Land-Bund“ diskutieren. Es ist sehr schätzenswert, dass sich viele Akteure aus Verwaltungen mit Ideen und Zeit an diesem wichtigen Diskurs beteiligen.

Künstlerische Arbeit braucht Sicherheit. Mancherorts (Dessau) an Stadt- und Staatstheatern tanzt Tanz gegen den kommunalen Rotstift an. Viele freie Tanzkünstler hangeln sich temporär von Projekt zu Projekt. Wie kann das System der Tanzförderung angesichts gedeckelter Haushalte der Länder und Kommunen effizienter werden?

Michael Freundt:  Viele fördern Tanz, doch jeder tut es auf seine Weise. Wer fördert in welchem Umfang? Wie kann man die dreijährige Konzeptförderung in Ländern und Kommunen durchsetzen, um mehr Tanzkünstlern die Möglichkeit für eine kontinuierliche, sozial gesicherte und möglicherweise komplexere choreografische (Ensemble)Arbeit zu geben? Wie kann man den gegenseitig hohen Verwaltungsaufwand und die mehrfachen Prüfungen minimieren? Wir brauchen klar profilierte Identifikationsorte für Tanz unterschiedlichster Ästhetik. Auch der Austausch ist wichtig. Die geförderten Tanz-Projekte sollten im nationalen Rahmen verstärkt präsentiert werden. Unser Schwerpunkt ist es jetzt, Geld für die längerfristige Kunst-Produktion zu generieren.

Der Bund fördert die Tanzplattform Deutschland, den Hauptstadt-Kulturfond, Fonds Darstellende Künste, Tanzfonds Erbe, Tanzfonds Partner, das Deutsche Tanzfilminstitut und den DTD. Warum soll der Bund sich mit Tanz vor Ort beschäftigen? Der Dachverband denkt an eine Entwicklungsförderung von der Spitze bis durchaus in spezifische Projekte vor Ort im festen und freien Bereich. Wie könnte eine Bundesförderung stärkend auch in eine regionale Struktur fließen, ohne dass diese ihre Mittel kürzt?

Michael Freundt: Es gibt quer durch alle Fraktionen im Bundestag ein großes Interesse und Konsens für die Notwendigkeit von nationaler Tanzförderung. Tanzplan Deutschland (2006-2010, unterstützt von der Bundeskulturstiftung mit 12,5 Mio. Euro) war ein Erfolg in Bezug auf Ausbildung und Vermittlung von Tanz. Jetzt müssen wir uns verstärkt der tanzkünstlerischen Produktion und den Produktionsbedingungen zuwenden. Als zentrales neu zu schaffendes Instrument der Tanzförderung des Bundes sollten Mittel bereitgestellt werden, um national herausragende, innovative Ansätze der Kommunen und Länder durch eine mehrjährige Bundesförderung zu stärken. Ein starker Schritt voran wäre, wenn der Bund sagen würde, wir kümmern uns um bestimmte Künstler, Kompanien, Orte. So könnte der Bund Stipendien vergeben bzw. Innovationspreise für Spielstätten (wie in der Filmförderung praktiziert).

Was wir wollen, ist eine kontinuierliche Förderung für Ensembles und Tanzschaffende in institutionalisierten wie freien Strukturen. Künstlerstipendien, Spielstätten-Förderung kleiner und großer Häuser, verstärkten nationalen und internationalen Austausch, nationale Kompetenz- und Informationszentren für den Tanz und einen gesicherten Zugang zum Tanzerbe (Tanzarchive als Teil des nationalen Kulturerbes). Darüber reden wir jetzt intensiv miteinander. Kommunen und Länder fördern Tanz mit ca. 110 Mio. jährlich. Das sind nur rund 5% der Förderung für die Darstellenden Künste. Die Förderung des Bundes beläuft sich auf ca. 4,5 Mio. Angestrebt wird in der gemeinsamen Diskussion eine mittelfristige Bundesbeteiligung von jährlich 20 Mio. Was wir können ist Dialog zu erzeugen.

 

Kommentare

Noch keine Beiträge