Die Ausstellung „Ballet – Photographs of the New York City Ballet“ in der Photobastei Zürich

Die Ausstellung „Ballet – Photographs of the New York City Ballet“ in der Photobastei Zürich

Kontrapunkte zur bildschönen Ballettwelt

„Ballet – Photographs of the New York City Ballet“ in der Photobastei Zürich

Wahre Schönheit sieht Fotograf Henry Leutwyler nicht in der Perfektion, sondern in Momenten banaler Alltagtäglichkeit. Ein ungeschminkter Blick hinter die Kulissen des Tänzerlebens.

Zürich, 27/03/2014

Eine Ballerina mit gesenktem Kopf. Soeben ist sie aus dem Rampenlicht abgetreten. Es ist einer der letzten Auftritte der 46jährigen Primaballerina Wendy Whelan. Augenblicke wie diese, fernab der kitschigen Ballettklischees, hat der Schweizer Fotograf Henry Leutwyler mit seiner Kamera eingefangen. Während drei Monaten hat er das berühmte New York City Ballet auf und hinter der Bühne begleitet. Hautnah dabei und doch in der Rolle des Beobachters zeigt er das Leben für den Tanz in seiner Realität. "Mein Hauptanliegen war es, Schönheit einzufangen. Ich glaube, dass Schönheit nicht in der Perfektion zu finden ist", sagt Leutwyler über sein Werk. Dieses ist zum ersten Mal in Europa zu sehen.

Ein Fuss auf Spitze, umhüllt vom Spitzenschuh. Der zweite Fuss ist nackt. Pflaster prangen an den Zehen. Fussnägel sind abgebrochen. Die Ausstellung „Ballet – Photographs of the New York City Ballet“ zeigt den Konflikt zwischen Ideal und Realität des Primaballerina-Daseins. Leutwyler stellt die Frage nach Wirklichkeit und Traum des Tänzerberufs. Er spielt mit den Sehgewohnheiten des Publikums – mit Wahrnehmung und Realität. Seine Bildsprache macht nicht nur den Fotografen, sondern auch das Ensemble unverwechselbar.

Die Handschrift des Fotografen ist klassisch. Die Posen der Tänzerinnen und Tänzer sind es nicht. Eine Ballerina im Tüllkleid. Ihre Füsse schmücken Spitzenschuhe. Sie ist bereit für ihre Verwandlung als Fantasiegestalt. Noch hält sie in ihren Händen ein Mobiltelefon. Wenige Minuten vor dem Auftritt vertreibt die junge Frau sich die Zeit, wie es auch Gleichaltrige tun. Dem Betrachter eröffnet sich eine ungewohnte Perspektive: ein Einblick in die Ballettwelt, wie er sie sonst nie sieht. Märchenprinzessinnen stellt Leutwyler der Realität in den Proberäumen gegenüber. Die Bilder erzählen von Momenten aus den Proben, Garderoben und dem Geschehen hinter der Bühne.

Henry Leutwyler zeigt die Tänzerinnen nicht als Primaballerinnen, sondern als Menschen, die mitten im Leben stehen. Fernab des Ballettklischees zeichnet er Bilder von Menschen mit Persönlichkeit und Leidenschaft für ihre Kunst. Eine Ballerina kauert mitten auf einem schmutzigen Betonboden, um ihre Spitzenschuhe zu schnüren. Ein Bild, welches die zarte Ballettwelt in eine fürs Publikum ungewohnt reale Umgebung darstellt. „Leutwyler ist ein Voyeur, der in würdiger Distanz die Schönheit der Tänzerinnen und Tänzer zeigt", erzählt Kurator Romano Zerbini (Photobastei Zürich) über Leutwylers Arbeit, „Er ist ein Teil des Ensembles, der New York City Ballet Familie geworden. Die Ausstellung zeigt die verschiedenen Facetten dieser Beziehung.“

Henry Leutwyler fotografiert seit drei Jahrzehnten die Kunst des Tanzes. Seine Liebe zum New York City Ballet erblühte vor fünf Jahren. Er erhielt den Auftrag, die alljährliche Werbekampagne für das Ballett zu fotografieren. In seiner Kampagne liess sich das weltberühmte New York City Ballet erstmals als emanzipierte Kompanie abbilden. Choreograf Peter Martins brachte Leutwyler sein ganzes Vertrauen entgegen. Der Fotograf erhielt einen Freipass, um die Arbeit des Ensembles von der Probe bis zum Vorhang mit seiner 50-Milimeter-Kamera festzuhalten.

Entstanden sind Aufnahmen an vom Alltag geprägten Orten, welche die Tänzerinnen und Tänzer in ihrer Echtheit und ihren Emotionen näher bringen. Ihre Bewegungen sind im Einklang mit der Umgebung oder stehen in bewusstem Kontrast zu ihr. Momente banaler Alltäglichkeit verzaubert Leutwyler zu Augenblicken atemberaubender Schönheit. Ein ungewohnter Einblick in eine verborgene Tanzwelt, wie sie nur hinter dem Vorhang zu erfahren ist.

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