„Cold Blood“ von Julia Cima

„Cold Blood“ von Julia Cima 

Das Mädchen mit den Messerfüssen

„Cold Blood“ von Julia Cima am Tanzquartier Wien

Die Duo-Performance – zu der Choreografin gesellt sich die französische Tänzerin Cécile Tonizzo – ist ein weiteres Stück im Rahmen des europäischen Projekts „modul-dance“ und feierte ihre österreichische Erstaufführung am Tanzquartier Wien.

Wien, 23/02/2014

Geheimnisvolles Dunkel. Zwei Wesen tippeln über die Bühne, Taschenlampen beleuchten spärlich ihre mit schwarzer Spitze umkleideten Körper. Sie ziehen ihre Bahnen in Julia Cimas Stück „Cold Blood“, das ein bisschen Gruselgeschichte sein will, vor allem aber unterhält. Die Duo-Performance – zu der Choreografin gesellt sich die französische Tänzerin Cécile Tonizzo – ist ein weiteres Stück im Rahmen des europäischen Projekts „modul-dance“ und feierte ihre österreichische Erstaufführung am Tanzquartier Wien.

Rund um die Geschichte „The Ship“ von Hans Henny Jahnn spannt sich die Erzählung, in der die beiden Tänzerinnen kurzzeitig zu Kinopublikum werden. Vor ihren Augen flimmern blutrote Buchstaben auf der Bühnenrückwand, erzählen im Laufe des Stücks die mysteriöse Geschichte der Verlobten Gustav und Elena, während sie mit einem Schiff die Ozeane überqueren. Auf schwarzen Kuben sitzend verfolgen Cima und Tonizzo das Geschehen. Ihre Hände wandern unterdessen über ihre Rücken, verdrehen sich. Im Hintergrund läuft dramatische Orchester-Musik aus dem Libretto von Youness Anzane.

Bekannt für ihre langjährige Arbeit mit Boris Charmatz gestaltet Cima ein Vexierspiel der Schatten, Andeutungen, des Slapsticks und der Überraschungen. Die eine rückt mit einem Hammer dem schwarzen Kubus zu Leibe, die andere zieht eine rasselnde Plastikschlange hinter sich her. Die Hände der Tänzerinnen erzählen Geschichten. Sie formen Gesten, zwirbeln um sich selbst, die Arme wellen sich. Mitunter werden hier verstörende Körperzustände anzitiert, meist driften die dramatischen Elemente jedoch in die Komik ab. Fauchend stehen sie vorm Publikum – wechseln Pose um Pose, Episode um Episode.

Weiter geht es im Comic-Stil. Cima und Tonizzo könnten auch der Flashcartoon-Serie „Happy Tree Friends“ entsprungen sein, als sie einen Schlauch, der die komplette Bühne einnebelt, hervorziehen. Was wie ein harmloses Spiel beginnt, endet im minutenlangen Erstickungstod der einen Tänzerin. Die andere versucht derweil mit muntren Sprüngen abzulenken.

Eine Szene lässt dann doch kurz den Atem stocken. Statt Scheren an den Händen trägt die Tänzerin Messer an den Füßen. Sie bewegt sich langsam auf das Publikum zu, auf ihrem Gesicht klaffen Linien. Bei jedem Schritt verliert sie eines der Messer. Bogenförmig zieht sich die Spur über die Bühne. Die Zweite, gerade noch mit ihrem Solo beschäftigt, sammelt die verlorenen Mordwerkzeuge auf. Im nächsten Moment lauert sie damit hinter einem Vorhang. Inzwischen singt die andere einen französischen Chanson.

Fein abgestimmt sind Text, Musik und die Auftritte der beiden Tänzerinnen. Voller Poesie und Schmerz bleibt „Cold Blood“ dennoch leichte Kost. So recht glauben kann man den letzten Worten, die auf der Bühnenrückwand aufscheinen, nicht. Die Performance ist weder der Blick ins teuflische Gesicht noch eine diabolische Einsamkeit. So gewaltig wie eine Gisèle Vienne oder Erna Omarsdóttir kommt Julia Cimas Duo nicht daher. Nebel, Messer und wispernde Stimmen – zwar darf all das nicht fehlen im Reigen des Grusels, doch einen bleibenden Eindruck hinterlässt das nicht.
 

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