„La Bayadere“ von Wladimir Ponomarew und Wachtang Tschabukiani

„La Bayadere“ von Wladimir Ponomarew und Wachtang Tschabukiani

Doppelter Schlangenbiss als Liebesbeweis

„La Bayadère“ mit dem Sankt Petersburger Balletttheater in Paris

Ein gelungener Abschluss der Tournee der Kompanie, die schon im November 2014 wieder mit „Dornröschen“ in Paris gastieren wird.

Paris, 10/02/2014

Als letztes Werk ihrer Pariser Tournee im Théâtre des Champs Elysées und im Palais des Congrès (siehe auch hier) zeigte das Sankt Petersburger Balletttheater eine komprimierte, beinahe zweistündige Fassung von Petipas „La Bayadère“, die Wladimir Ponomarew und Wachtang Tschabukiani 1941 für das damalige Kirow-Ballett schufen. Die Handlung um die Tempeltänzerin Nikiya, die von dem Krieger Solor zugunsten der Tochter des Rajah verlassen wird und ihm nach ihrem Tod im Schattenreich wieder begegnet, ging dementsprechend zügig voran – Ponomarew und Tschabukiani verzichteten auf den verlorenen vierten Akt, in dem der Palast des Rajahs über der Hochzeitsgesellschaft zusammenstürzte, als Rache der Götter über Solors gebrochenen Schwur. Divertissements und Ausstattung (Bühnenbild: Simon Pastukh, Kostüme: Galina Solowiewa) waren auf das Notwendige beschränkt – anders als beispielsweise in Rudolf Nurejews äußerst opulenter, auf der Kirow-Fassung beruhenden Version für die Pariser Oper, von der man hier hauptsächlich die zusätzliche Variation für Solor im Schattenakt vermisst.

Obgleich das Corps de Ballet und einige Halbsolisten wohl von den täglichen Vorstellungen etwas ermüdet waren – so kam es zu einigen Unsicherheiten im Verlobungs- und Schattenakt –, gelang es dem sichtbar motivierten Ensemble, die Spannung von Anfang bis Ende auf hohem Niveau zu halten. Besonders überzeugte der dynamisch interpretierte indische Tanz, der von Konstantin Tkachuk, Anton Maltsev und einer charismatischen Olga Tulupa angeführt wurde. Unter den Halbsolisten taten sich außerdem Anna Samostrelowa und Olga Pawlowa in der ersten und zweiten Schattenvariation hervor.

Als Rajah-Tochter Gamzatti war an diesem Abend Tatjana Tkaschenko eingeladen, zweite Solistin des Mariinsky-Balletts. Die kleine, kraftvolle Tänzerin mit den markanten Zügen, die eine entschiedene Persönlichkeit zu verraten scheinen, bildete einen idealen optischen und stilistischen Gegensatz zu Natalia Matsaks lyrischer, nach dem Absoluten strebender Nikiya. Matsak (Ukrainisches Nationalballett Kiew) gab eine herausragende Darbietung als Solors verratene Geliebte. Ihr langer, biegsamer Körper, ihre fließenden, sprechenden Arme, ihre zarten, expressiven Gesichtszüge und sichere Fußarbeit machen sie zu einer idealen Interpretin der Rolle. Zudem verfügt sie über die Bühnenpräsenz, die sie zum natürlichen Mittelpunkt des Geschehens werden lässt, sobald sie zum ersten Mal verschleiert auf die Bühne schreitet. In ihrer langen Variation beim Hochzeitsakt drückt sie sowohl ihre Hingabe an Solor als auch ihre Verzweiflung über dessen Nähe zu Gamzatti berührend aus. Im Schattenakt, in dem sie ihrem treulosen Geliebten verzeiht, beweist sie auch bei schnellen Tempi hohe Präzision und Musikalität.

Vadim Muntagirov (Royal Ballet) gibt zwischen diesen beiden Damen einen eher zurückhaltenden und unentschlossenen Solor. Im Verlobungsakt scheint er sich ganz mit seinem Schicksal abgefunden zu haben und glänzt im triumphalen Grand Pas durch die Exaktheit seiner Pirouetten, seine Leichtigkeit und makellose Linie. Nach dem Wiedersehen mit Nikiya im Schattenreich scheint er allerdings seinen Verrat nicht mehr auszuhalten und begeht Selbstmord durch einen Schlangenbiss, um seiner Geliebten, die ebenfalls den Tod durch eine Schlange einem Leben ohne Solor vorzog, ins Schattenreich zu folgen.

Ein gelungener Abschluss der Tournee der Kompanie, die schon im November 2014 wieder mit „Dornröschen“ in Paris gastieren wird.

Besuchte Vorstellung: 08.02.2014
 

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