Stühlerücken auf dem Tanzboden

Das Hessische Staatsballett kommt – die Ballettchefs der Staatstheater im Südwesten wechseln

Ab der Spielzeit 2014 wird es ein neues Hessisches Staatsballett geben. Eines, das an den anderen erfolgreichen Staatsballetten Maß nimmt, das künftig nicht nur die Staatstheater in Wiesbaden und Darmstadt bespielen, sondern große Gastspiele geben und ermöglichen soll.

Wiesbaden, 04/11/2013

Die gute Nachricht vorweg: Ab der Spielzeit 2014 wird es ein neues Hessisches Staatsballett geben. Eines, das an den anderen erfolgreichen Staatsballetten Maß nimmt, das künftig nicht nur die Staatstheater in Wiesbaden und Darmstadt bespielen, sondern große Gastspiele geben und ermöglichen soll. Die schlechte Nachricht hinterher: Die bislang schon kooperierenden, aber eigenständigen Tanzsparten in beiden Häusern werden eingestampft. Insgesamt hat das neue Ballett mit 28 Tänzerstellen bekommen; 10 Tänzer weniger als beide Ensembles bisher zusammen. Aber ums Geld einsparen ging es den Beteiligten bei dieser Entscheidung nicht, betonte Hessens Kulturministin Eva Kühne-Hörmann vor der Presse; vielmehr hätten künstlerische Gründe den Ausschlag gegeben. Der Etat beider Häuser zusammen (knapp drei Millionen) soll gleich bleiben, nur umverteilt werden. Statt auf feste Tänzerstellen setzt man auf künftig auf freie Tänzer, freie Projekte, Gastchoreografen, Gastspiele und Residenzen sowie Kooperationen mit anderen Häusern und Gruppen. Ausgebrütet haben diese Fusion die beiden designierten neuen Staatstheater-Intendanten Karsten Wiegand (Darmstadt) und Uwe Eric Laufenberg (Wiesbaden).

Die bisherige Darmstädter Tanzchefin Mei Hong Lin hat sich rechtzeitig abgeseilt: Sie tritt die Nachfolge des vor einem Jahr verstorbenen Jochen Ulrich in Linz an. Größter Verlierer des Deals ist der Wiesbadener Ballettchef Stephan Thoss, der gerne in der Landeshauptstadt geblieben wäre. Stattdessen soll Tim Plegge das anspruchsvolle neue Konzept richten – ein junger Choreograf, zeitweilig Assistent von Christian Spuck, der bislang erst mit einem abendfüllenden Handlungsballett („Momo“ in Karlsruhe) aufgefallen ist. Als sein Stellvertreter und Kurator wurde Bruno Heynderyckx (bislang Leiter der norwegischen Compagnie „Carte Blanche) engagiert.
Klar ist, dass das künftige Staatsballett seine Gunst und Anwesenheit möglichst gerecht zwischen den beiden Städten aufteilen wird: Endproben und Premieren wird es an beiden Orten geben, die Tänzer müssen pendeln. Über die künstlerische Ausrichtung herrscht dagegen noch Stillschweigen.

Auch in Mainz wechselt der Ballettchef. Für Pascal Touzeau waren die Fußstapfen seines Vorgängers Martin Schläpfer von Anfang an zu groß, da half auch zuletzt eine wahre Publikums-Schmuseattacke – ein populäres Handlungsballett nach dem anderen – nichts. Und dass einem festen Ensemble nicht nur Tänzer weglaufen, sondern auch in der eigenen Stadt ein erfolgreiches Konkurrenzunternehmen in der freien Szene aufstellen (Delattre Dance Company), spricht Bände. Der designierte Intendant Markus Müller bringt Honne Dohrmann aus Oldenburg als neuen Tanzdirektor mit. Der ist selbst weder Tänzer noch Choreograf, hat aber die Tanzcompagnie Oldenburg erfolgreich geleitet. Man darf gespannt sein, welche Ausrichtung er dem Mainzer Ensemble verpassen wird.

Wegen einer Lappalie hat man sich im Saarländischen Staatstheater Saarbrücken mit der überaus erfolgreichen und beliebten Tanzchefin Marguerite Donlon überworfen. Um den Schaden der für Außenstehende kaum nachvollziehbaren Entscheidung einzudämmen, wurde mit der Berufung des belgischen Choreografen Stiijn Celis ein prominenter Nachfolger angeheuert.

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