„Legends and Rumours“ von Phil Hayes. Tanz: Maria Jerez, Thomas Kasebacher, Phil Hayes 

„Legends and Rumours“ von Phil Hayes. Tanz: Maria Jerez, Thomas Kasebacher, Phil Hayes 

Konstruierte Erinnerung im gemeinsamen Miteinander

„Legends and Rumours“ von Phil Hayes in Kooperation und performt mit Maria Jerez und Thomas Kasebacher

Salzburg, 12/07/2013

Die Ausgangssituation von „Legends and Rumours“ erinnert an das beliebte „Auja!-Improvisationsspiel“, bei dem jeder der Spielteilnehmer eine Anweisung äußern kann, zu der sich alle Beteiligten im weiteren Spielverlauf verhalten müssen. Wichtig ist, dass jeder Einfall prinzipiell gut ist und mit Begeisterung („Auja!“) aufgenommen und ausgeführt wird. Ihren Enthusiasmus müssen die drei Performer Maria Jerez, Phil Hayes und Thomas Kasebacher in diesem Fall zwar nicht durch ein lautstarkes „Auja!“ bekräftigen, doch scheinen sie der Regel unausgesprochen zu folgen, wenn auch eingewebt in eine komplexere Spielsituation. Diese ergibt sich durch den konstituierenden Anfang eines jeden geäußerten Satzes − „I remember...“ −, der zugleich das Themenfeld der (immer) subjektiv funktionierenden Erinnerung reflektiert. Indem also alle drei im kooperativen Miteinander versuchen, in ihrer geteilten Erinnerung einen gemeinsam erlebten Moment zu rekonstruieren, weichen die Versionen in den diversen Wiederholungen voneinander ab. In einer detailreichen Wohnzimmerkulisse erarbeiten sie eine Situation, in der sich jeder an andere Details erinnern kann und damit die Bedeutungsebene der sich aufbauenden Narration immer aufs Neue verschiebt.

Und so wandeln sich die Turnschuhe im Laufe des Abends zu Highheels, der Apfel wird zur Orange und das geräumige Wohnzimmer durch die fahrbare Kulisse zu einem beengten Pariser Appartement. Durch kleine Veränderungen in der Atmosphäre („I think the music was much more tense, − there was a lot of tension in here“), des Kostüms („Ah! Now I remember I wasn’t wearing this t-shirt − I was wearing the red dress“) oder der Rollenkonstellationen („I remember, I didn´t hand you the newspaper, but he did“) erfindet sich die Geschichte stetig neu, ohne dabei redundant zu werden. Zeitweise scheinen die Performer dabei selbst erstaunt von den Situationen, in die sie sich gegenseitig manövrieren.

An einer Stelle verlässt der Regisseur des Abends Phil Hayes das Wohnzimmer und überlasst Maria Jerez und Thomas Kasebacher sich selbst. Beide Protagonisten versuchen das Spiel weiterzutreiben, aber jetzt läuft es in eine andere Richtung. Die Bewegungen, an die beide sich nun erinnern können, bauen keine Narration mehr auf, die semantische Ebene, die zuvor das Spiel beherrscht hat, löst sich auf und mündet in einer Art Bewegungs-Improvisation, in der Körper und Kontext nicht mehr so recht zueinander passen wollen. An dieser Stelle könnte es interessant werden, denn die Lücke, die sich zwischen körperlicher Erinnerung und deren narrativer Einordnung auftut, ist etwas, dass den Abend zur Choreografie werden lässt.

Schade eigentlich, dass der Dritte im Bunde nach einem kurzen Intermezzo doch wieder auftaucht und sie im gemeinsamen Abschluss versuchen die Erzählung erneut von vorne aufzurollen. Denn das Potential der neuen Bedeutungsebene zerfällt so langsam in sich selbst und strapaziert nach 90 Minuten Spielzeit die Geduld der Zuschauer, sodass das abrupte Ende schließlich eine willkommene Abwechslung bildet. Dennoch ein unterhaltsamer Abend, der vor allem durch den charmanten und gekonnt eingesetzten Witz der drei Protagonisten besticht und Lust macht die Performance ein zweites Mal anzuschauen. Schließlich könnte sich die Erinnerung im erneuten Rückblick ganz anders entwickeln. Welchen (banalen) Moment werden die drei Performer diesmal in ihrer geteilten Erinnerung durchleben und damit zu einem (legendären) Erlebnis erheben?

„Legends and Rumours“ ist im Rahmen der „Sommerszene Salzburg“ noch am Freitag, 12. Juli zu sehen. Das Festival Sommerszene läuft noch bis zum 14.07.13.
 

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