Mariko Kida  3 mal als Julia
Mariko Kida 3 mal als Julia

Erste Eindrücke von „Julia & Romeo“ von Mats Ek

Reisesplitter aus Stockholm

Um gleich von Anfang an klarzumachen, dass man es hier mit einer etwas anderen Interpretation zu tun hat, änderte der Choreograf die Reihenfolge der Protagonisten im Titel: statt „Romeo & Julia“ heißt es hier: „Julia & Romeo“.

Stockholm, 23/05/2013

Wer die Pollenflugsaison in unseren deutschen Breiten verpasst hat, kann sie jetzt noch in Stockholm nachholen oder gar ein zweites Mal genießen. In meinem letzten „Stockholm-Splitter“ von vor einem Jahr, hatte ich ja schon angedroht, dass ich zu Mats Eks Interpretation von „Romeo & Julia“ anreisen werde. Damals hatte er angedeutet, dass er seine Version des populärsten aller Liebesdramen nicht auf Prokofievs Partitur bauen werde. Um gleich von Anfang an klarzumachen, dass man es hier mit einer etwas anderen Interpretation zu tun hat, änderte der Choreograf die Reihenfolge der Protagonisten im Titel: statt „Romeo & Julia“ heißt es hier: „Julia & Romeo“. Ek erklärt das mit einer Stelle aus dem Urtext, wo es heißt: „the story of Julia and her Romeo“. Eine erste Irritation, denn jedes Mal, wenn man den Titel aussprechen will, muss man bewusst denken und darf sich seinen Automatismen nicht hingeben. Auch die Prokofiev-Musik ist ja über die Jahrzehnte zum musikalischen R&J-Automatismus geworden. Ballettfreunde wissen bei jedem Takt, wo sie sich innerhalb des Librettos befinden. Mit Tschaikowsky ist das nun nicht mehr so. Die Ohren zwingen einen die Geschichte anders zu sehen. Allein die Romeo&Julia-Fantasie hat er völlig außer Acht gelassen. Stattdessen hört man Ausschnitte aus der Pathetique, der Manfred-Sinfonie, dem Capriccio Italien, seinem Klavierkonzert u.a. Zum Schluss hört es sich so an, als sei die Musik für das Ballett geschrieben worden. Miracolo!

Vor 17 Jahren hat Mats Ek sein letztes abendfüllendes Ballett „Dornröschen“ (für das Hamburger Ballett) kreiert. Damals dachte man, er habe nun genügend Klassiker auf links gebürstet. Nun also (mit Ende 60) hat er noch einmal die Herausforderung angenommen, was uns - unersättlich wie wir nun einmal sind - zu der kühnen Hoffnung verleitet, auch noch den „Nussknacker“ in einer Ek‘schen Fassung irgendwann erleben zu dürfen.

Mats Ek ist ein Geschichtenerzähler wie es kaum noch einen in der Ballettwelt gibt. Dabei bedient er sich seines eigenen Bewegungsalphabets und hat daraus eine einzigartige Erzählschrittsprache entwickelt. Seine Erzählung der Geschichte ist erfrischend komisch und zu Tränen rührend traurig zu gleichen Teilen. Amüsant ist es auch zu entdecken, wie viel er an Zitaten aus Birgit Cullbergs Kurzversion des Shakespeare-Stoffes hat einfließen lassen. Auch sie (seine Mutter) war ja eine sehr geschickte Erzählerin. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass das narrative Ballett um ein Juwel reicher geworden ist. Einen entscheidenden Anteil am Gelingen haben die Tänzer des Königlichen Balletts und die Szenografin und Kostümbildnerin Magdalena Åberg. Sie lieferte für Mats Eks Choreografie einen kongenialen Rahmen.

Das hier sollte nun ganz und gar keine „Kritik“ sein (das überlasse ich meinen Kollegen, die mit der Plume umzugehen verstehen). Ich bin einfach begeistert und froh während dieser Tage in Stockholm zu weilen. Die Premiere findet an diesem Freitag den 24. Mai 2013 statt.

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