Tanzwerkstatt Europa: Soli und Duette von Nanine Linning und Olga Cobos & Peter Mika in der Muffathalle

München, 02/08/2001

Nanine Linning ist verliebt in den Dämmer auf der Bühne und den indirekt beleuchteten Körper, der sich bis zum Anschlag dehnen kann und scharfe Schatten an die Wand wirft. Aus tiefem Ausfallschritt windet sich die Tänzerin empor, schiebt das Becken nach hinten, schlängelt in den Raum, von einer Lichtquelle zur nächsten, die ihre langen Glieder in rötliches Licht tauchen. Strümpfe an den Füßen, dreht sie weit ausgreifende Attituden, umrundet so einmal das Karree und findet zum Schluss zu ihrem Schatten und Ausgangspunkt zurück.

Die niederländische Tänzerin und Choreografin, Absolventin der Rotterdamer Tanzakademie, die gerade mal 25-jährig zur Hauschoreografin des Scapino-Balletts berufen wurde, öffnete bei der Tanzwerkstatt Europa in der Muffathalle das Kapitel „Forsythe und die Folgen“.

Und da liegt sie im Mittelfeld jener, die den Spuren des Meisters auf der Socke folgen. Was Linning und ihre Kollegen Mirjam ter Linden und Xavier Ederson Rodrigues in „solo version 5.0“ und „solo version 2.0“ sowie dem Duett „mono/stereo“ an virtuoser Technik vorführen – zum Beispiel Beine, die hinters Ohr schnalzen, oder lange Balancen außerhalb der Achse – , das perlt heutzutage jedem gut geschulten klassischen Tänzer aus dem Körper. Da muss also choreografisch das Entscheidende kommen. Es kommt (noch?) nicht. Linning arrangiert hier bloß, handwerklich sauber, theatrale Effekte um ein auf Hochglanz getrimmtes, an keiner Stelle aufgerautes Körperbild.

Nicht nur Jahre, sondern auch Welten liegen zwischen der jungen Niederländerin und der Spanierin Olga Cobos, der ehemaligen Startänzerin von Rui Horta, die nun mit ihrem Partner Peter Mika gemeinsame Sache macht. Nicht minder virtuos, aber weniger plakativ, ja beinahe verhalten, zeigt sie in dem von Mika zu Musik von Arvo Pärt choreografierten Solo „125 movements“ ihre Ausnahmequalitäten als Performerin. Gleichzeitig stellt Mika seine choreografische Begabung unter Beweis. Ihm gelingt es, den sich in einem Lichtrechteck aus statischen Posen (die wie Dias wechseln) entwickelnden Tanz vom ersten Augenblick an mit Spannung aufzuladen, ihn konsequent zu dynamisieren: Die erste sichtbare Bewegung ist das Rollen einer Schulter, die letzte der unter verlöschendem Licht um und um rollende Körper. Ihr „Duet – if as is always“ weicht zwar nicht allen Klischees in der Darstellung partnerschaftlicher Ambivalenzen aus, doch wenn zum Schluss in der Schwebe bleibt, ob die beiden zusammen weitermachen oder sich Cobos ihrer ersten Begegnung mit Mika nur erinnert, dann ist das so subtil körpersprachlich und räumlich verzahnt, dass man wieder ganz bei ihnen ist.

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