Ballett am Rhein in einem der endlosen Fußgängertunnels
Ballett am Rhein in einem der endlosen Fußgängertunnels

20 000 Meilen unter der Seine

Reisesplitter. Martin Schläpfer und sein Ballett am Rhein in Paris

Paris, 04/12/2012

Nein, nein, das mit den 20 000 Meilen unter der Seine ist natürlich leicht übertrieben und alle Metro-Gänge führen ja auch nicht unter der Seine hindurch. Dennoch: Paris erscheint unterirdisch wie ein Schweizer Käse, ein gigantischer, verzweigter Fuchsbau. In einem der Gänge fand ich dann auch das Plakat zum Gastspiel des Ballett am Rhein Düsseldorf/Duisburg, und wo immer ich unterwegs war, fotografierte ich die Plakatstandorte.


Acht Vorstellungen gibt das Ensemble im Théâtre de la Ville vom 28.11. bis zum 5.12. 2012 - am Samstag gab's sogar eine Doppelvorstellung. Ich begleitete die Truppe vier Tage lang. Bei der für die Fotopresse zugelassenen Generalprobe zählte ich über 25 Fotografen. Da fragte ich mich natürlich, wie viele denn wohl bei den Fotoproben zu den Gastspielen der (in Frankreich praktisch heilig gesprochenen) Pina Bausch zusammenströmten? Sicherlich die doppelte Menge. Ich entschied mich übrigens die GP aus den Bühnengassen heraus zu fotografieren, da ich die beiden Stücke schon zum Entstehungszeitpunkt ausgiebig durchfotografiert hatte. Für diese spezielle Gelegenheit fand ich das authentischer.


Martin Schläpfer und seine Equipe reisten mit einem von Claire Verlet, der Leiterin des Théâtre de la Ville, gewünschten Programm an: „Forellenquintett“ und „neither“ , eine Kneippkur, sowohl musikalisch als auch tanzästhetisch. Die Pariser müssen also Neuland betreten. Martin Schläpfer, um dessen Choreografie es hier geht, ist noch eine unbekannte Größe in Frankreich. Er muss sich das Publikum erst gefügig machen. Das Stammpublikum des Théâtre de la Ville wird nicht gerade mit brillanter Technik der „danse d'école“ verwöhnt (oder mit ihrer zeitgenössischen Bandbreite.) Und wann erklingt in diesem Pariser Flagschiff des Tourneebetriebs schon einmal Franz Schubert? Guckt man sich die Gruppen an, die in dieser Saison dort gastieren, so nimmt sich das Ballett am Rhein fast wie ein fehlgelandetes Ufo unter ihnen aus: Akram Khan/ VA Wölfl /Wim Vadekeybus/ Preljocaj / Emanuel Gat... Die Pariser Ballettomanen scheinen indes gewillt, etwas Neues kennenlernen zu wollen und heizen den Kartenverkauf ordentlich an. Das Resumé werden wir abwarten müssen. Die Presse wird da wohl auch noch ein Wörtchen mitreden wollen ;-) In der Garnier Oper bekamen die Düsseldorfer mit Forsythe und Trisha Brown Konkurrenz. In der Bastille Oper gab es Nurejews „Don Quichotte“: Ausverkauft! An den Museen lange Schlangen. Im Grand Palais konnte man eine hervorragende Edward-Hopper-Ausstellung sehen und auch die Sonderausstellung im Musée d'Orsay „L'impressionisme et la mode“ war ein Genuss. Paris ist also immer noch ein Mekka für Kunstfreunde und wenn man bedenkt, dass einen der „Thalys“ von Kölns Hauptbahnhof in nur drei Stunden und 15 Minuten zum Gare du Nord katapultiert, dann muss man sich fragen, warum man sich einen Pariser Kunstbesuch nicht öfter gönnt. Hans van Manen ist solch ein Kunst- und Gourmetreisender. Es fügte sich, dass er Paris gerade einen Besuch abstattete, als das Ballett am Rhein Premiere hatte. Nicht nur Martin Schläpfer freute sich über das Zusammentreffen.

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