Urkomisch und bedrückend

Noverre-Gesellschaft: Junge Choreografen, Kammertheater

Stuttgart, 27/06/2001

Ein Duo für zwei nasse Säcke hat den größten Publikumserfolg eingeheimst: Bridget Breiner und Friedemann Vogel schlurfen mit leeren Gesichtern wie Ginger und Fred auf ihre alten Tage so schlabberig und knickebeinig zu den Tangoklängen von Salta Cello auf der Bühne herum, als wollten sie sich schon jetzt beim Ne-derlands Dans Theater 3 um eine Stellung be-werben, wo solche grotesken Dinge gerne getanzt werden. Dabei sind sie ganz und gar noch keine Senioren, wie ihre kuriosen, akrobatischen Einlagen beweisen. Aber die sind eher Nebensache bei diesem urkomischen Pas de deux. Das alles führt sowieso zu nichts, denkt sich Breiner wohl und steckt, völlig abgeschlafft, den Kopf unter das T-Shirt ihres Partners. Aus.
Die Noverre-Gesellschaft ist endlich wieder mit einer neuen Staffel ihrer Erfolgsserie "Junge Choreografen" im Kammertheater und bietet diesmal, außer dieser Lachnummer des Stuttgarter Tänzers Rolando d'Alesio, besonders viele hoffnungsvolle Talente. Es geht beileibe nicht nur lustig zu. Marco Goecke hat in "Chicks" ein überaus ernstes und nachdenkenswertes Tanzstück für fünf Herren zum Thema Rechtsradikalismus geschaffen, das nach einer bedrückenden Sequenz über die Schrecken des zweiten Weltkrieges und die Spuren, die er in den Seelen der Überlebenden hinterlassen hat (Marijn Rademaker), damit endet, dass Männer in Springerstiefeln aufgekratzt vor dem Torso eines Leblosen tanzen. Ein Stück, das Respekt abnötigt.
Dem Bewältigen der Vergangenheit, allerdings einer individuellen, widmet sich auch Corinna Spieths "The Voice alone is Company but not enough", das Javier Amos Gonzales zu Worten von Samuel Beckett und Musik von Philip Glass nach langem Kampf einen Schlusstrich unter Eltern und Freunde ziehen lässt. Kinsun Chans "Slipped by" ist ein eher resignierendes Stück, in dem drei Paare, nie wirklich ein Ganzes werdend, schließlich ohne erkennbare Regung dem Tod entgegen schreiten, gefolgt von drei weiteren Paaren, denen Gleiches widerfährt. Da ist Alejandro Cerrudo Martinez' "Beige and Brown" schon optimistischer. Oihane Herrero und Jorge Nozal lassen sich in ihrem flüssigen und dynamischen Duo zu Mozart und Telemann vom drohenden Schicksal nur kurz stören und machen frohen Herzens weiter.

Ein Duo für zwei nasse Säcke hat den größten Publikumserfolg eingeheimst: Bridget Breiner und Friedemann Vogel schlurfen mit leeren Gesichtern wie Ginger und Fred auf ihre alten Tage so schlabberig und knickebeinig zu den Tangoklängen von Salta Cello auf der Bühne herum, als wollten sie sich schon jetzt beim Nederlands Dans Theater 3 um eine Stellung bewerben, wo solche grotesken Dinge gerne getanzt werden. Dabei sind sie ganz und gar noch keine Senioren, wie ihre kuriosen, akrobatischen Einlagen beweisen. Aber die sind eher Nebensache bei diesem urkomischen Pas de deux. Das alles führt sowieso zu nichts, denkt sich Breiner wohl und steckt, völlig abgeschlafft, den Kopf unter das T-Shirt ihres Partners. Aus.

Die Noverre-Gesellschaft ist endlich wieder mit einer neuen Staffel ihrer Erfolgsserie „Junge Choreografen“ im Kammertheater und bietet diesmal, außer dieser Lachnummer des Stuttgarter Tänzers Rolando d'Alesio, besonders viele hoffnungsvolle Talente. Es geht beileibe nicht nur lustig zu. Marco Goecke hat in „Chicks“ ein überaus ernstes und nachdenkenswertes Tanzstück für fünf Herren zum Thema Rechtsradikalismus geschaffen, das nach einer bedrückenden Sequenz über die Schrecken des zweiten Weltkrieges und die Spuren, die er in den Seelen der Überlebenden hinterlassen hat (Marijn Rademaker), damit endet, dass Männer in Springerstiefeln aufgekratzt vor dem Torso eines Leblosen tanzen. Ein Stück, das Respekt abnötigt.

Dem Bewältigen der Vergangenheit, allerdings einer individuellen, widmet sich auch Corinna Spieths „The Voice alone is Company but not enough“, das Javier Amos Gonzales zu Worten von Samuel Beckett und Musik von Philip Glass nach langem Kampf einen Schlussstrich unter Eltern und Freunde ziehen lässt. Kinsun Chans „Slipped by“ ist ein eher resignierendes Stück, in dem drei Paare, nie wirklich ein Ganzes werdend, schließlich ohne erkennbare Regung dem Tod entgegen schreiten, gefolgt von drei weiteren Paaren, denen Gleiches widerfährt. Da ist Alejandro Cerrudo Martinez' „Beige and Brown“ schon optimistischer. Oihane Herrero und Jorge Nozal lassen sich in ihrem flüssigen und dynamischen Duo zu Mozart und Telemann vom drohenden Schicksal nur kurz stören und machen frohen Herzens weiter.

Der Kanadier Peter Quanz, Volontär beim Stuttgarter Ballett und bereits im vergangenen Jahr bei Noverre mit „Summit“ erfolgreich, kann auch mit seinem neuen „La Route des Rencontres“ zu Arvo Pärts „Fratres“ Eindruck machen. Wie sich Diana Martinez Morales, in ihrem Badeanzug und den Tanzschuhen wie eine Reklamefigur aus den Zwanzigern ausschauend, und Wieslaw Dudek durch ein Tuch erst als Schatten nähern und es dann, nach allerlei Irrungen und Wirrungen zu dem Band wird, das beide innig miteinander verbindet, das ist durchaus originell und einfallsreich geschildert. Und vorzüglich getanzt.

Der einstige Stuttgarter Tänzer Tunç Soekmen möchte vielleicht als Betrachter von außen der Stuttgarter Compagnie einen Rat geben. Jedenfalls lässt er in seinem „Three Waterdrops“ Sebnem Gülseker, Sue Jin Kang und Ibrahim Önal zu Arien manieriert-komisch anmutende, individuell gezeichnete, klassische Soli tanzen. Aber als sie dann, aller Eigenheiten entkleidet, als korrekt synchrones Corps agieren, da wirken sie nur noch langweilig und fad.

Das gilt auch, vermutlich ungewollt, für Lior Levs „You and me and him“. Katja Wünsche und Eric Gauthier tanzen überaus beschwingt und dynamisch zu Mozart, da tritt (als Gast) Leo Mujic hinzu, der mit finsterem, bärtigen Gesicht ein ziemlich satanisches Gehabe an den Tag legt, sich mit geheimnisvollen Bewegungen auf dem Boden wälzt, ein innen rotes und außen schwarzes Cape drapiert und furchtbar geisttötend wirkt. Dann tanzen Alicia Amatriain und Friedemann Vogel herbei, und alles ist wieder in Butter. Sie tanzen auch noch, als die Musik längst zu Ende ist und es keinen Grund mehr zum Tanzen gibt. Aber welchen Grund gibt es für dieses Ballett?

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