Jugendliche der Lindenparkschule und der Fritz-Ulrich-Werkrealschule studieren mit Candoco im Komödienhaus Heilbronn eine Performance ein
Jugendliche der Lindenparkschule und der Fritz-Ulrich-Werkrealschule studieren mit Candoco im Komödienhaus Heilbronn eine Performance ein

Plötzlich hat es Spaß gemacht

Probenbesuch des Candoco Schultanzprojekts: 21 Jugendliche der Lindenparkschule und der Fritz-Ulrich-Werkrealschule studieren mit Profis im Komödienhaus Heilbronn eine Performance ein.

Heilbronn, 10/05/2012

Heilbronn „This week is show-week. We treat the space as our stage with respect and care”, Luke Pell mahnt die 21 Jugendlichen des Candoco Schultanzprojektes, die ausgelassen durch das Foyer des Komödienhauses toben, und Mirjam Gurtner übersetzt: „Diese Woche ist die Woche der Vorstellung. Der Raum ist unsere Bühne, wir begegnen ihm mit Respekt und Sorgfalt“.

Veranstaltet vom Theater Heilbronn, geleitet vom pädagogischen Team des Gastspielensembles Candoco ist das Schultanzprojekt Teil des Festivals „Tanz!Heilbronn“. Die Performance, an der Schülerinnen und Schüler der Kooperationsschulen des Theaters teilnehmen, entsteht innerhalb kürzester Zeit. Nur sechs Probentage, um mit Laien eine präsentable Choreografie zu zeigen? Wie soll das gehen? Die überaus kurze Übungsphase ist nicht das einzige, das an diesem Tanzprojekt außergewöhnlich ist. In der britischen Kompagnie Candoco arbeiten seit 1991 behinderte und nichtbehinderte Profi-Tänzer zusammen. Ebenso im Workshop, die 13- bis 18-Jährigen sind zwar keine Profis, doch auch hier begegnen hör- und sprachbehinderten Schülern der Lindenparkschule Gleichaltrige der Fritz-Ulrich-Werkrealschule. Und was Luke Pell, Vicky Malin und Mirjam Gurtner anbieten, erfordert zwar keine professionelle Tanztechnik, aber konzentrierte Körperarbeit, sensible Einfühlung und kreative Ideen, um sich im Raum in Szene zu setzen, kurz, eine professionelle Einstellung zum Tanzexperiment.

Im Pulk sammeln, dicht gedrängt durcheinander gehen, einer rennt los, alle stieben auseinander, suchen den vorgegebenen Platz für Duette und Trios auf. „Der aufrechte Gang“ lautet das Motto von „Tanz!Heilbronn“, doch der wäre langweilig, gäbe es nicht unterschiedliche Raum- und Körper-Ebenen. Die Trainer muntern auf, große Bilder in den Raum zu malen, einen Sprung wagen oder sich ganz klein machen, in der Tiefe zu tanzen und den Boden zu nutzen. Sie machen vor, wie es aussehen könnte, wenn man die letzten zwei Meter, träge wie durch Honig, kriecht, schleicht und schwimmt. Differenzierte Bewegungsqualitäten und permanente Aufmerksamkeit sind gefragt. Ein Tanz, der nicht auf vorgegebenen Schritten basiert, sondern eigene kreative Entscheidungen fordert - zunächst befremdet er die Schüler.

„Völlig neu, aber ziemlich anstrengend“ sagt Duygu (14), die mal Hiphop getanzt hat und Evindar (14) ergänzt „Solche Bewegungen habe ich noch nie gesehen. Mir gefällt‘s, es sieht so schön aus“. „Gewöhnungsbedürftig“ meint Sarah (13), die Erfahrungen mit Musical und griechischer Folklore mitbringt. Larissa (15) beherrscht Gebärdensprache und Lippenlesen, sie sagt: „Im Alltag benutzen wir nur Hände und Füße, hier sollen wir den ganzen Körper bewegen“. Ihre Freundin Laura (14) findet den Tanz merkwürdig, anfänglich sogar peinlich, ist inzwischen aber über Zweifel erhaben und voll dabei. „Ich wusste nicht, worauf ich mich einlasse“, so Tim (15), der sich, wie alle, freiwillig gemeldet hat. Am ersten Tag sei er enttäuscht gewesen, im Verlauf habe es ihm jedoch immer besser gefallen: „Und plötzlich hat es mir Spaß gemacht, ich weiß nicht warum!“

Sein Kumpel Uwe (13) versucht eine Erklärung: „Mich hat gereizt mal etwas Neues zu machen. Nach vier Tagen fühlt man sich cool, weil man abtanzen kann, wie sonst keiner.“ Auch das Leitungsteam ist zufrieden: „Heute war ein super guter Tag!“ gibt Luke Pell den Teenagern nach sechs harten Arbeitsstunden mit auf den Weg. Kostüme aussuchen, an Übergängen und Details feilen, lautet das Pensum der verbleibenden Proben, damit bis Donnerstag eine Choreografie aus einem Guss daraus wird.
Info: Schultanzprojekt mit der Candoco Dance Company, Performance am 10. Mai um 19 Uhr im Foyer des Komödienhauses Heilbronn

 

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