Etüden: Schüler der John Cranko Schule
Etüden: Schüler der John Cranko Schule

Ganz und gar nicht durchgestrichen

Die „Jubiläumsgala“ 40 Jahre John Cranko Schule

oe
Stuttgart, 25/11/2011

War‘s eine Wahlveranstaltung PRO Stuttgart 21? Von durchgestrichen konnte ja wohl keine Rede sein, bei so viel hoffnungsvoller Zukunft! Das wimmelte ja nur so von Jugend, geschlagene vier Stunden lang. Die eingangs gegebenen „Etüden“: Übungen? Von wegen! Soviel Schwäbisch als Hochsprache – allerdings nicht gesprochen, sondern getanzt! Quasi als Oxford-Schwäbisch, direkt aus der Danse d´école. Mit dem Versprechen für eine noch glanzvollere Zukunft oben an der Werastraße. Das bekräftigen sie alle, die Festredner, angefangen vom Master of Ceremonies, dem Ballettintendanten höchstpersönlich, über den Präsidenten der Förderer – der sogar mit der Bekräftigung eines üppig dotierten Schecks –, dem Vertreter aus dem Staatsministerium, dem Oberbürgermeister und dem strahlenden Leiter der Schule, der die Gelegenheit benutzte, noch einmal seinen Dank an den jüngst verstorbenen Petr Pestov als den guten pädagogischen Geist des Instituts abzustatten. Und dann hatten die Absolventen der Schule das Sagen, will sagen: das Tanzen – von den Vorschülern über die Klassiker bis zu den Akademikern. Und die flogen nur so über die Bühne des großen Hauses, als hätten sie Flügel da, wo bei Normalmenschen die Beine und Füße montiert sind. Drehten als quirlten sie den Wind, segelten durch die Lüfte – als gelte es, die misanthropischen Demoskopen zu beschämen: die Deutschen ein sterbendes Volk? Nicht so jedenfalls am Nesenbach – nicht die des 21. Jahrhunderts.

Und nicht die gratulierenden Youngsters, die aus Paris, aus Toronto, aus London und Hamburg herbeigeeilt waren, ihre kollegiale Reverenz zu erweisen. Die demonstrierten wie weltweit sie heutzutage vernetzt sind, nicht bloß per Facebook, sondern auf den federnden Ballettböden der Studios rund um den Globus. Wo so viel tänzerischer Euro-, doch was heißt hier Euro-, wo doch so viel transatlantischer Esprit versprüht wurde, ließen sich die einheimischen Gastgeber nicht lumpen und legten noch einmal zu, besonders im finalen „Karneval der Tiere“. Und wo man schon bedauert hatte, dass an diesem festlichen Abend ein Gratulant fehlte, erschien auch der noch zu später Stunde: das Staatsorchester in voller Stärke, um so seine musikalische Solidarität mit den Kids auf der Bühne zu demonstrieren. Das war ein Jux: der Choreograf als Stellvertreter des Direktors der Wilhelma – alias Demis Volpi, gesegnet mit dem Humor eines Erben des John Cranko.

Vierzig Jahre John Cranko Schule? So jung möchte man selbst noch einmal sein! Mit diesen Aussichten auf die nächsten zehn, zu deren Jubiläum wir dann in die neue Schule oberhalb des Urbanplatzes geladen werden, die dann international mindestens so berühmt sein wird wie Stuttgarts anderes architektonisches Schmuckstück, die Weißenhofsiedlung.

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