Irische Jig auf Spitze getanzt

Eine bleiche Sonne taucht in der fahlen Morgendämmerung aus einem lila Meer auf. Schemenhaft recken sich menschliche Gestalten aus den Fluten, kämpfen später grazil tanzend gegen wilde Wellen, die gegen Felsen klatschen, und schlittern pitschnass durch Regenpfützen. Ein damenhaft herausgeputzter Leprechaun – der Einschuhmacher irischer Kobolde - huscht in weiten Sprüngen und Purzelbäumen durch die Szene…. Irland, die grüne Insel im hohen Norden, gibt sich ein Stelldichein mit dem klassischen Ballett Mitteleuropas auf der großen Bühne des Aalto-Theaters. Im halb hochgefahrenen Orchestergraben sitzt die um zwei Musiker erweiterte Gruppe „Midnight Court“ im Pub-Ambiente, ölt die Kehlen mit ein paar Schlückchen Guinness und spielt irische Volksmusik auf.

Entertainer Ben Van Cauwenbergh porträtiert in seiner, wie stets, unterhaltsamen Show „Irish Soul“ (2001 in Wiesbaden uraufgeführt) Land und Leute. Im ersten Teil fangen Projektionen auf große Leinwände (Ausstattung: Van Cauwenbergh und Ulrich Loot, Licht: Bernd Hagemeyer) Landschaftsstimmungen ein. Der zweite Teil fokussiert auf die Menschen im „Pub“, dem Wohnzimmer von Musikern und Volk. Da sitzen auch die 20 Tänzer und Tänzerinnen auf Barhockern und Bänken oder lehnen lässig an Holztischen. Die Bühne wird zur Tanzfläche für ausgelassenes Jungvolk in bunten Kleidchen und Trägerhosen.

Dass diese Revue ein Ballett sein soll, signalisieren die Kostüme: in hauchzarten eleganten Cocktailkleidchen und Spitzenschuhen werden stilisierte Jig, Reel, Hornpipe und endlose Kaskaden von Pirouetten, immer gleichen Sprüngen und viel Bodenturnen getanzt. Das passt so gut wie Dirndl und Wanderschuhe für die Elfen in „Les Sylphides“… Das Potenzial hochkarätiger Tänzer wird von dem Belgier gnadenlos verheizt. Ein Jammer. Aber dem Publikum gefallen Van Cauwenberghs an Kitsch grenzende, akrobatische Potpourris auf Spitze immer wieder.

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