Die Meistertänzer von Dresden

Der sechsteilige Ballettabend „Exsultate Exsultate“ wird noch dreimal gespielt

Dresden, 06/05/2010

Eigentlich müssten die Namen aller Tänzerinnen und Tänzer genannt werden, die diesen Abend zu einer festlichen Ballettgala ersten Ranges machen. Sechs Teile von unterschiedlicher Art und doch ein Ganzes kraft der Kunst des Tanzes. Die Stile der Choreografen korrespondieren mit den Interpretationen durch die höchst individuellen Persönlichkeiten der Dresdner Kompanie.

Da ist zunächst in David Dawsons „A Million Kisses to My Skin“, der getanzte Traum in himmlisch hellem Blau zu Bachs Klavierkonzert d-Moll BWV 1052. Dass Dawsons besondere Kunst auch darin besteht, Körperlinien zu formen, die von der Fußspitze her sich mit den Armen teilen und in der Eleganz des Tempos zu filigran gewebten Bildern werden, haben wir mehrfach erfahren. Diese Arbeit aus dem Jahre 2000, in der aktuellen Dresdner Interpretation, beglückt im Zusammenklang aus Musik und Körpersprache.

Immer wieder eine atemberaubende Verblüffung, William Forsythes Hommage an Georges Balanchine, in seiner Choreografie „The Vertiginous Thrill of Exactitude“ zum Allegro Vivace aus Franz Schuberts Sinfonie Nr. 8 in C-Dur. Was Forsythe selbst „eine perfekte Stilübung in Sachen neo-klassisches Ballett“ nennt, bleibt allerdings einigen wenigen Könnerinnen und Könnern vorbehalten, denen es gegeben ist, Perfektion und Persönlichkeit bei diesem Stück aus „schwindelerregender Lust an der Genauigkeit“ miteinander in Einklang zu bringen.

Je öfter man sie sieht, Jiří Bubeníčeks Choreografie „Kanon in D-Dur“ zur Musik von Johann Pachelbel, desto kostbarer erscheint diese Kreation für drei Tänzer an deren Beginn so etwas wie ein Erschrecken, ein Innehalten, ein „memento mori“ steht. Wenn dann zum ruhigen, meditativen Fluss der Musik, der suggestiven Erweiterung des Klangbildes durch die Intensität schlichter Mehrstimmigkeit die Vehemenz der körperlichen Emotionen kommt, ist man zutiefst berührt von der schutzlosen Schönheit einer solchen persönlichen Arbeit.

Jiří Kyliáns Klassiker der Moderne „Petite Mort“ und „Sechs Tänze“, zunächst zu Mozarts Andante aus dem C-Dur Klavierkonzert KV 467, dann zu Sechs Deutsche Tänze KV 571, beschließen mit ihrem erotisch konnotierten Umkreisen der Sehnsucht nach körperlicher Einheit und dem brillanten Humor zu Mozarts herzhafter Tanzmusik den Abend, in dessen Abfolge an zweiter Stelle noch ein Wunderwerk klassischer Ballettkunst steht. Elena Vostrotina und Dmitri Semionov tanzen den „Grand Pas Classique“, eingerichtet von Aaron S. Watkin in der Tradition von Victor Gsovsky zur Musik von Daniel-François-Esprit Auber. Es ist überhaupt nicht selbstverständlich, wenn aus dieser Demonstration des Könnens ein Ereignis wird, das mehrfach dazu zwingt, den Atem anzuhalten. Semionv überzeugt mit seinen Sprungvarianten, die ihn in für Momente leicht über dem Boden schweben lassen, und die von Vostrotina im wörtlichen Sinne auf die Spitze gestellten unglaublichen Variationen ihrer Balancekunst im Spiel mit dem Gleichgewicht werden noch übertroffen von der Dynamik ihrer Wahl der Tempi in den Pirouetten.

Die Mitglieder der Staatskapelle verstehen sich mit ihren Solisten Yevgeny Feldmann bei Bach und Johannes Wulff-Woesten bei Mozart unter der Leitung des „Ballettmeisters“ am Pult David Coleman als Begleiter im besten Sinne und bereiten genau das Fundament von dem aus sicher jene Ausflüge gen Himmel unternommen werden können, die uns an einem Abend wie diesem damit versöhnen, dass es uns verwehrt ist zu fliegen.

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