„Carmen Cubana“ im Deutschen Theater

Carmen kann nicht sterben

München, 27/08/2007

Carmen kann nicht sterben. Georges Bizets Opernfigur nach Prosper Mérimée ist einfach zu gut. Roland Petit und viele andere haben ihr Schicksal vertanzt. Unvergesslich Antonio Gades' „Flamenco-Carmen“, durch den Saura-Film zum Kult geworden. Jetzt erlebt die tragisch Freiheitsliebende eine Musical-Reinkarnation in Fidel Castros sozialistischer Inselrepublik: „Carmen Cubana“ von US-Choreographin/Regisseurin Kim Duddy und dem Komponisten-Duo Martin Gellner & Werner Stranka brachte das Publikum im Münchner Deutschen Theater zum Toben.

Klar! Rumba, Mambo und der rockorientierte Salsa gehen auch dem bewegungsfaulen Zuschauer ins Blut - so rasant, frech und sinnlich, wie hier die lateinamerikanischen Rhythmen durch toptrainierte Körper rollen: von rechts durch die Hüfte nach links in die Schulter, und dann noch so ein verrückter Armschlenker drangehängt. Phänomenal. Überschäumende Latino-Naturkinetik, waschecht kubanisch, von Kim Duddy, ganz Broadway-Profi, sehr geschickt für die Bühne zugeschliffen und dramaturgisch schlüssig als ausgeflippte Hausparty, als Popkonzert oder als Gefangenen-Protest in die Handlung eingebaut.

Gefangene sind Carmen und die anderen gescheiterten Kuba-Flüchtlinge - 1994 waren es an einem Wochenende 32 000! - in Guantánamo Bay. US-Soldat Joe, alias José, verhilft ihr zur Flucht aus dem Lager. Heiße Liebe, kurzes Glück: Joes Eifersucht treibt Carmen in die Arme des kubanischen Popstars Escamillo, der ihr zu einer Karriere als Sängerin verhelfen wird. Lana Gordon, die Stimme herb, kräftig, „sehnig“ wie ihr ausdrucksstarker Körper, gibt diese Überlebenskämpferin hundertprozentig. Ihre Story ist von Duddy auch plausibel erzählt. Das Umkrempeln vom romantischen Schmuggler- und Stierkampf-Milieu auf Kubas Alltagsverhältnisse bedeutet jedoch Verlust an dramatischer Fallhöhe - den Lana Gordon, Rob Fowler (Joe) und Ruben Heerenveen (Escamillo) mit naturalistischen Schrei-Duetten und -Terzetten ausgleichen müssen. Und das bei der prekären Tontechnik des Hauses, mit der wohl auch das Orchester zu kämpfen hatte. Bei einem (öfter groben) Mix von Latin, Rhythm & Blues, Pop und Klassik erwartet man nicht unbedingt Opernschmelz. Und doch kriegt diese Latin-Pop-Opera so richtig Farbe bei der „Habanera“ und den anderen versteckt anklingenden Bizet-Zitaten.


Bis 9. September, Karten 089/55 23 4444

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