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Berlin
IN DER FREIHEIT DER GEGENWÄRTIGKEIT
Zum 25-jährigen Jubiläum von Sasha Waltz & Guests: "Dialoge-Wirbel"
Ein Dialog zwischen Tanz, Musik und Raum. Ein Text im Dialog. Drei Stichpunkte: sich untereinander ausloten, Zeit nimmt sich Raum, die Freiheit der Gegenwärtigkeit. Und dann: Gemeinsam enden. Zuerst die Rahmung. Sie ist essentiell für die künstlerische Freiheit. Ein geschützter Raum konstruiert sich aus Vertrautheit unter Menschen, mit ihnen sind Geräusche und Musik und einige wenige Objekte. Betonrollen, die schwer und leicht zugleich aussehen. Ein erst zum Ende auftauchendes langes Tuch. Flackernde Bilder von Steinen an der Wand.
Es gibt eine definierte Dynamik zwischen den TänzerInnen und MusikerInnen auf der Bühne, die sich in diesem Augenblick vor uns entfaltet. Bereitschaft. Konzentration. Zuhören. Die einzelnen Persönlichkeiten der Akteure treten vor allem in Momenten der Entscheidungsfindung klarer hervor, als man es in durchchoreografierten Stücken oft sieht und man wird Zeuge des Auslotens untereinander. In welche Richtung gehen wir? Die Kompromisse, die getroffen werden, erzeugen ein Ganzes aus vielen Teilen, ein Gefüge der Individuen, auch indem man fiktionale Erinnerungen teilt und sich so eine gemeinsame Geschichte manifestiert. Unsere Welt braucht mehr von diesem Gleichgewicht, das an diesem Abend als eine Alternative zu aktuellen Machtstrukturen hoffnungsvoll aufscheint und in Aktionen des Hervortretens, Raumgebens und Zurückziehens passiert, ohne dass Ideen gegen jegliche Widerstände aufrecht erhalten werden, oder schlimmer noch, ein solches Auftauchen von Ideen erst gar nicht ermöglicht wird. Auch das Ende ist ein Zusammenkommen.
Woher kommt diese ungebändigte Freude beim Zuschauen? Kommt sie von der Bewegungsfolge, die sich in ihrer Entwicklung ihre „natürliche“ Zeit nimmt? Die Situation entsteht in ihrem eigenen Tempo. Keine künstliche Struktur drängt ihr eine bestimmte Entwicklungsdauer auf. Es wird genommen, was gebraucht wird. Spannend, was passiert jetzt? Wie der beteiligte Musiker Jonathan Bepler es so treffend beschreibt, was passiert ist „wie ein reizvoller Zufall“.
Ich möchte mich gar nicht erinnern und mir Dinge merken, um sie zu beschreiben, denn ich bin ganz erfüllt von dem Wunsch, zu erfahren und dort zu verweilen, in diesem Jetzt. Dadurch dass es mir gar kein Konzept zeigt, außer dem des Dialoges, gibt mich der Abend frei von Interpretationen. Er entlässt mich. Frei in die Gegenwärtigkeit. Gibt es die Freiheit dort auf der Bühne? Wie groß ist das Risiko und wo liegen die Setzungen, die ich möglicherweise gar nicht wahrgenommen habe? Wenn es vornehmlich noch gar nicht entstanden ist, sondern im Entstehen begriffen ist, während ich zusehe, so fühle ich mich sogleich freigestellt von dem Wunsch zu durchschauen – jegliche mögliche Intention, Struktur, Aussage. Und diese Erleichterung trifft mich ganz plötzlich.
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