„Unter einem Himmel“ von Mauro de Candia

Unter einem Himmel

Die Dance Company des Theater Osnabrück zeigt eine Uraufführung von Mauro de Candia

Etwas Leichtes sollte es wohl sein zur Karnevalszeit. Aber jeder weiß, wie schwer die Leichtigkeit zu haben ist.

Osnabrück, 04/02/2018

„Während hier der Tag beginnt, ist woanders tiefste Nacht. Jemand träumt von dem, was ein anderer gerade hat ... Wenn sich zwei gerade streiten, küsst sich irgendwo ein Paar. Und immer, wenn was aufhört, fängt was Neues an – irgendwo, irgendwann ... Das alles passiert unter einem Himmel ...“. Osnabrücks Tanzchef Mauro de Candia hat sich den Titel der Ballade von Howard Carpendale für seine choreografische Reise durch die Welt der Musik geborgt, aber herzlich wenig aus dem vielseitig gültigen, spannenden Thema gemacht.

Etwas Leichtes sollte es wohl werden zur Karnevalszeit. Aber jeder weiß doch, wie schwer die Leichtigkeit zu haben ist. In den drei Teilen seiner pausenlos durchgetanzten Choreografie treffen serbische Folklore von Félix Lajkós „Branco“ (Herde) auf die Piano-Improvisationen von Keith Jarretts legendärem Köln Konzert (1975) für „In Transit“ und danach auf eine Collage aus Evergreens von Benny Goodmans „Sing, sing, sing“ bis „O sole mio“ (geschmettert von Luciano Pavarotti) und „Bei mir biste scheen“ (in der Version von Max Raabe) in „Pachuco“ – das sind mexikanische Burschenbanden, hier kostümiert als chinesische Olympioniken (?) für die in wenigen Tagen beginnenden Wettbewerbe in Pyeongchang.

Der talentierte Ballettchoreograf de Candia verfängt sich diesmal in der Falle des Entertainments. Kuriose Gestalten mit Jacketts, die mit der Weltkarte bedruckt sind, geistern schon vor Beginn durchs Foyer. Die Holländerin Saskia de Vries wird später als Anker zwischen den Szenen eingesetzt. Aber da ist der Auftakt (und Höhepunkt!) des Abends schon fast vergessen. In der anfänglichen Gruppenchoreografie ganz in Blau zu „Branco“ blitzten de Candias Qualität und die staunenswerte tänzerische Kompetenz seiner Kompanie noch auf. Unterhaltsam, aber mit Déjà-vu-Effekten folgt das bunte Gemenge zu Jarretts Piano-Improvisationen, die die Tanzenden offenbar mit eigenen Ideen füllen durften. Fast peinlich langatmig und streckenweise dilettantisch. Dem unsäglich laienhaften Intermezzo der Reisenden folgt das chinesisch angehauchte Finale der Truppe als Klamotte von anno dazumal.

Ein Letztes: Warum nur geizen Choreografen (und ihre „Lichtdesigner“, hier: Uwe Tepe) heutzutage derart mit der Ausleuchtung der Tanzfläche? Welcher Tänzer tappt schon gern im Dustern? Und welcher Zuschauer bleibt wach, wenn's auf der Bühne – ohne ersichtlichen dramaturgischen Grund – Nacht wird?

 

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