„Juliet & Romeo“ von Trajal Harrell

„Juliet & Romeo“ von Trajal Harrell

Zusammen sehen sie sehr gut aus

„Juliet & Romeo“ von Trajal Harrell als Tanztheater-Performance in den Münchner Kammerspielen

Eine fulminante Premiere nur mit männlichen Darstellern nach Motiven der weltberühmten, Shakespeare‘schen Liebesgeschichte von Julia Capulet und Romeo Montague.

München, 26/10/2017

„The others will be here soon. // Die Anderen sollten bald hier sein.“, sagt Trajal Harrell zu Beginn. Und obwohl Julia in diesem Stück an erster Stelle genannt wird, sind nur Männer auf der Bühne zu sehen. Sie positionieren sich am vorderen Bühnenrand. Die Capulets und die Montagues. Überaus weiblich, sexy und schwungvoll voguen die Acht über die Bühne und lassen das Publikum ob ihrer weiblichen Männlichkeit (oder andersherum) staunen. Pop, Pop, immer wieder Pop. Aus den Lautsprechern und in den Körpern der Männer. Sie posieren um die Wette, um die Gunst der Zuschauer. Voguen soll begeistern und beeindrucken. Dieser Stil ist ein bekanntes Element im Oevre des amerikanischen Choreografen Trajal Harrell, der sich nicht nur in seiner Serie „Twenty Looks or Paris is Burning at The Judson Church“ eingehend damit beschäftigte. In seiner letzten Arbeit „Caen Amour“ interessierte ihn vor allem der sensuelle und erotische Aspekt von Tanz. Nun bringt er in „Juliet & Romeo“ zwei Disziplinen zusammen: Theater und Tanz, Text und Bewegung, Schauspieler und Tänzer.

Personifiziert wird diese Vereinung durch seine acht wundervollen Protagonisten: allesamt junge, hübsche, aufstrebende Künstler. Max Krause, Cecil Loresand, Jeremy Nedd, Benjamin Radjaipour, Damian Rebgetz, Ondrej Vidlar sowie William Cooper, der eine Tanzausbildung an der Ballettakademie der Hochschule für Musik und Theater München erhielt und nun auch an der Otto Falckenberg Schule Schauspiel studiert. Und natürlich Thomas Hauser, Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele, der vollkommen im Butohtanz in einer tragischen Szene aufgeht, bis sie schlagartig zu Ende ist, er in die neue umschaltet und absolut beherrscht Shakespeare’schen Text darbietet.

Es sind allesamt abstrahierte, teils zusammenhanglose Szenen, aus denen sich das Stück zusammensetzt. Die Geschichte dieser Tragödie kennt man, weswegen Abstraktion und Fragmentierung möglich sind. Und wie immer ist Trajal Harrell Teil seiner Choreografien. In „Juliet & Romeo“ sitzt er als Amme der Julia am linken Bühnenrand, leidet und fühlt die zum Leben erweckte Geschichte mit. Im übertragenen Sinne formen sich seine künstlerischen Visionen vor dem Auge der Zuschauer. Manchmal greift er ein und tanzt einen Kommentar oder zieht das Kleid, die Rolle der Julia, einem anderen an. So wechseln die Darsteller die Figuren, ausgedrückt durch Kostüme, ganz egal, welches Geschlecht auch darunter zu finden ist.

Viele Tode werden auf der Bühne gestorben: Tybalt, Romeo und Julia. Doch geboren wird dadurch etwas anderes. Teils Totentanz, teils klassisches nur von Männern gespieltes Shakespeare-Theater, zeitgenössisch um Tanz, Show und Performance ergänzt. Das Bühnenbild, zwei in den Boden eingelassene, beleuchtete Gemälde, symbolisiert die Gräber der beiden verfeindeten Familien.

„Die armen Opfer unsrer Zwistigkeiten!“, sagen die Capulets im Originaltext zu den Montagues, als sie ihre beiden Sprösslinge tot auffinden. Tragisch ist der Tod der beiden Liebenden, doch positiv die daraus resultierende Versöhnung der verfeindeten Familien. Die Versöhnung der beiden Familien ist in „Juliet & Romeo“ die Vereinigung von Tanz und Sprechtheater. Und zusammen sehen sie sehr gut aus.

 

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